/ Christian Zemsauer
Wien : 2013
Dissertation
Betreut von: Roland Innerhofer
In dieser Arbeit werden phantastische Benennungen in Franz Werfels Roman Stern der Ungeborenen untersucht. Unter phantastischen Benennungen sind Ausdrücke zu verstehen, die etwas bezeichnen, das es nur in der erzählten Welt gibt, und die in der Sprache dieser erzählten Welt fiktiv usuell gebraucht werden. In Anlehnung an den Terminus ‚Neologismus‘ wird der Begriff ‚Phantalogismus‘ für diese Kategorie innovativer Benennung eingeführt. Phantalogismen sind Wortneubildungen, Wortneuschöpfungen, Neusemantisierungen und neue Phraseme, die in einem fiktiven Sprachgebrauch nicht neu, sondern bereits lexikalisiert erscheinen. Werfels letzter Roman fügt sich in eine Tradition utopisch-phantastischer Erzählungen, von denen viele gemeinsam haben, dass sie Ausdrücke enthalten, die vom Autor neu geschöpft oder mit einer neuen Bedeutung belegt wurden, um Entitäten in der utopisch-phantastischen Welt zu benennen, die in der realen Welt nicht existieren und für die es folglich im realen Wortschatz keine Begriffe gibt. Diese Phantalogismen werden abgegrenzt von Neologismen, bereits lexikalisierten Neubildungen, und von Okkasionalismen, Gelegenheitsbildungen ohne Anspruch auf Gebräuchlichkeit. Eine allgemein gehaltene Darlegung der Kategorie Phantalogismus und etwaiger Problematiken bei der Bestimmung von neuen Benennungen als Phantalogismen erfolgt im ersten Teil. Im zweiten Teil werden speziell die Phantalogismen in Stern der Ungeborenen untersucht. Zuerst werden Besonderheiten der fiktiven Sprache im Roman und metasprachliche Elemente der Erzählweise vorgestellt. Zu einzelnen Phantalogismen wird Genealogisches einerseits aus Romanmanuskript und -typoskripten, andererseits aus Literatur, die Werfel benutzte, festgehalten. Die weitere Analyse der Phantalogismen teilt sich in einen semantischen und einen formalen Teil. Anhand semantischer Felder werden einige hervorzuhebende Phantalogismen auf ihren semantischen Gehalt untersucht. In der formalen Analyse werden die formalen Mittel dargestellt, mit denen Phantalogismen kreiert werden. Neben Neusemantisierung, Wortneuschöpfung und der Bildung neuer Phraseme liegt der Schwerpunkt auf der Wortneubildung, wobei hierbei wiederum die Neubildung mit fremdsprachlichen Elementen hervorsticht. Den Abschluss der formalen Analyse bildet eine textstrukturelle Analyse mit Daten zur Häufigkeit und Verteilung von Phantalogismen im Text. Auch auf Grundlage dieser Daten wird versucht vier Funktionen von Phantalogismen zu bestimmen: Neben der Benennungsfunktion sind dies eine atmosphärische Funktion, eine topische Funktion und eine dramatische Funktion, wobei vor allem letzterer eine besondere Bedeutung in Stern der Ungeborenen zukommt. Im Anhang werden alle als Phantalogismen bestimmten Ausdrücke mit einer Kurzbedeutung, einem Zitat aus dem Roman und gegebenfalls mit Verweisen zu verwandten Phantalogismen aufgelistet.