„Wer in unserer Zeit statt Volk Bevölkerung (…) sagt, unterstützt schon viele Lügen nicht“ : Thomas Köcks „Isabelle H.“ und Gerhild Steinbuchs „Welthauptstrand Europa“ als zeitgenössische Referenzpunkte zum kritischen Volksstück

/ Victoria Grinzinger

Wien : 2023

Masterarbeit

Betreut von: Pia Janke

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Verbindungslinien zeitgenössischer Autor:innen und ihrer Texte zum kritischen Volksstück. Potenzielle Weiterentwicklungen der Gattung nach dem 20. Jahrhundert sind bis dato kaum erhoben. An dieser Leerstelle wird angesetzt, während gleichzeitig eine Annäherung an das Schaffen zweier bedeutender Gegenwartsautor:innen geschieht. Konkret analysiert wird Thomas Köcks und Gerhild Steinbuchs Schreiben mit Fokus auf ihre Texte „Isabelle H. (geopfert wird immer)“ und „WELTHAUPTSTRAND EUROPA“, die beide am Festival „Neues Wiener Volkstheater“ präsentiert wurden. Die Untersuchung nimmt ihren Ausgang in der Zusammenführung der im Bereich des Volksstücks relevanten Autor:innen-Intentionen: Jene von Thomas Köck und Gerhild Steinbuch auf der einen, jene der kritischen Volksstück-Autor:innen des späteren 20. Jahrhunderts auf der anderen Seite. Dabei werden erste gemeinsame Ziele und Prämissen der Schreibpraxis feststellbar. Der Fokus in der darauffolgenden Textanalyse liegt auf der Gestaltung und Organisation von Sprechinstanzen sowie deren Sprache, genauer ihrer Kommunikationsunfähigkeit. Wiederholt wird im Zuge der Betrachtung eine in den Texten erfolgende Gesellschaftskritik erkennbar, die vor allem auf die ungleiche Verteilung des Zugangs zur (öffentlich erhörten) Sprache abzielt. Im gegebenen Kontext relevante Volksstücke versuchen stets, bestehende Verhältnisse – seien sie gesellschaftlicher oder dramatischer Natur – zu hinterfragen. So kann in der Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Autor:innen Thomas Köck und Gerhild Steinbuch auch das Feld der Postdramatik nicht außer Acht gelassen werden. Es stellt sich die Frage, ob sich der Einsatz postdramatischer Textverfahren und die Einordnung als (kritisches) Volksstück per se widersprechen müssen. Möglicherweise sind es aber gerade postdramatische Mittel, die eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit dem Thema Sprache und Macht und damit das Weiterbestehen kritischer Volksstücke ermöglichen.