/ Elisabeth Etz
Wien : 2006
Diplomarbeit
Betreut von: Wynfrid Kriegleder
Die Arbeit untersucht zwei Romane der aus der Türkei stammenden Autorin Emine Sevgi Özdamar, Das Leben ist eine Karawanserei […] (1992) und Die Brücke vom Goldenen Horn (1998) unter dem Blickwinkel der narratologischen Possible Worlds Theory. Die PWT fragt, aufgrund welcher Kriterien eine Aussage in einem fiktionalen Text als wahr oder falsch eingestuft werden kann. Fiktionale Texte haben eine TAW (textual actual world), die zur actual world, der tatsächlichen Welt der Autoren/Leser in sehr unterschiedlichen Relationen stehen kann, sowie diverse „Alternative Possible Worlds“; Divergenzen zwischen den verschiedenen Welten oder zwischen den Figuren und den Welten führen zu Konflikten − und damit zu Geschichten. In Özdamars Romanen zeigt sich eine „split ontology“, also die vorübergehende Überlagerung der in den Romanen etablierte TAW durch eine TAWx, eine alternative TAW, in der plötzlich einzelne Gesetze eines „f-universe“ (einer Fantasie- oder Traumwelt) gelten, ohne dass diese Traumwelt jedoch als mögliche Welt einer einzelnen Figur − etwa der Ich-Erzählerin − deklariert wird. Hinsichtlich der „K-Worlds“, der „Knowledge Worlds“, gilt, dass die namenlose Ich-Erzählerin ihre beschränkte K-World, ihr eingeschränktes Weltwissen, an die K-Worlds der anderen Figuren anzupassen bereit ist. Die Autorität des Alters und vor allem des Geschlechts (Männer gelten grundsätzlich als überlegen) dominiert über die K-World der Protagonistin. Hinsichtlich der „W-Worlds“, der „Wish-Worlds“, ist eine ständige Diskrepanz zwischen den nicht realisierbaren Wünschen der Protagonistin und der TAW zu konstatieren. Als zentrales Movens für die Protagonstin entpuppt sich der Wunsch, dazu zu gehören, was dazu führt, dass sie ihre K-World unzutreffend erweitert oder die TAW falsch deutet.