Schweigen und Verschweigen in Richard Wagners Musikdrama „Tristan und Isolde“

/ David Siener

Wien : 2010

Diplomarbeit

Betreut von: Pia Janke

In Richard Wagners Musikdrama 'Tristan und Isolde' treten Schweigen und Verschweigen in den verschiedensten Ausprägungen und mit einer signifikanten Häufigkeit sowohl im Dialog bzw. in der Figurenrede als auch im Nebentext auf. Vor diesem Hintergrund setzt sich diese Diplomarbeit mit dem Phänomen auseinander, dass sich das Musikdrama in Bezug auf den künstlerischen Gehalt und die künstlerische Aussage des Stückes einer einfachen Beschreibbarkeit weitgehend entzieht, was sich auch in den teilweise stark voneinander abweichenden Meinungen zu und Interpretationen von 'Tristan und Isolde' zeigt. Die der Arbeit zugrunde liegende Hypothese geht davon aus, dass das häufige Auftreten von Schweigen und Verschweigen maßgebliche Ursache für dieses Phänomen ist. In der Aufgabenstellung und der Zielsetzung, die sich daraus ableiten, wird es darum gehen, im vorliegenden Musikdrama durch die Herausarbeitung eines kohärenten Interpretationsstrangs die Bedeutung der Schweigehandlungen und des Verschweigens zu ermitteln, um damit in weiterer Folge auch oben genanntes Phänomen näher spezifizieren zu können. Eingebettet in den vorhandenen Forschungsdiskurs wird die Deutung durch Heranziehen bereits verfügbarer Ergebnisse gestützt, aber auch in Abgrenzung dazu gesetzt, wenn dies notwendig und sinnvoll erscheint. Unter der Prämisse einer ganzheitlichen Herangehensweise liegt der Fokus zudem gleichermaßen auf dem Text als auch auf der Musik. Erkenntnisse und Ergebnisse werden dabei mit den Mitteln einer funktionalen Analyse der entsprechenden Textstellen, einer dialog- und verlaufsorientierten Wissensstand- bzw. Wissenstransferanalyse und einer motivorientierten musikalischen Analyse gewonnen. Im Verlauf der Arbeit stellt sich heraus, dass die schwere Beschreibbarkeit des Stückes im Wesentlichen durch das Unvermögen der Figuren zur mitteilenden Kommunikation sowie die auf Missverständnissen basierende Kommunikation zwischen den Figuren bedingt und dabei durch die äußere Handlungsarmut der Oper noch verstärkt wird. Das Spektrum der Ursachen für die scheiternde Kommunikation reicht vom Nicht-Kommunizieren-Wollen über das Ungenügen an der Sprache bis hin zur Unsagbarkeit. Weiterhin zeigt sich, dass sich neben der wortwörtlichen Bedeutung eine erst im Rahmen einer Interpretation sichtbar werdende, tiefer liegende Bedeutungsdimension auftut, auf die unter anderem auch die Verwendung allegorischer Personifikationen – Tag und Nacht – als dichterisches Mittel verweist.