/ Jasmin Penninger
Wien : 2017
Masterarbeit
Betreut von: Matthias Meyer
Die Arbeit „Queering Frauenlob. Ein Queer Reading ausgewählter Texte Heinrichs von Meißen“ nimmt, wie der Titel suggeriert, einzelne schriftliche Zeugnisse des wohl anspruchsvollsten und sonderbarsten Dichters in mittelhochdeutscher Sprache ins Visier und beleuchtet insbesondere Momente der Destabilisierung binärer Oppositionen wie etwa jene von Mann/Frau, aktiv/passiv, innen/außen etc. Dabei spielen Phänomene wie mittelalterlich geprägte wahrnehmungsphysiologische Vorstellungen des Sehvorgangs, vor allem in Konnex zur sog. Blickminne, aber auch Spiegelungsprozesse sowie Durchkreuzungs- sowie Fragmentierungtendenzen von Identitäten eine zentrale Rolle. Die queerenden (Re-)Lektüren spüren Möglichkeiten einer anti-heteronormativen Auslegung auf, während immer wieder die Uneindeutigkeit resp. Varianz von Körperlichkeit(en) und Identitätskonstruktionen verhandelt wird. Die theoretische Position, von der aus die Lektüren unternommen werden, ist eine ‚mittelfeministische‘ – Queer Theorien, dekonstruktiver Feminismus und postkoloniale Mittelalterstudien (‚midcolonial‘) bilden den theoretischen Knotenkomplex der Analysen. Der Dreh- und Angelpunkt des textnahen Frauenlob-Que(e)rlesens stellt immerzu das in den Dichtungen zur Schau gestellte (sexuelle) Begehren dar, das sich, wie die Lektüren deutlich zeigen, nicht immer so problemlos einer heteronormativen Matrix fügt, sondern an mehreren Stellen queere Interventionen offenhält und subversives Potential bietet. Die mittelhochdeutschen Textpassagen aus selektierten Minneliedern sowie aus dem Marienleich spiegeln nicht nur potentiell queere Begehrensstrukturen wider, sondern legen zudem auch Cross-Identifikationsbewegungen nahe, die insbesondere aus einer postmodernen Sicht ein unerwartet hohes Maß an Aktualität aufweisen.