Karl Philipp Moritz‘ Anton Reiser und Goethes Wilhelm Meister der „Theatralischen Sendung“ als Leser

/ Eva Maria Gutmann

Wien : 2005

Diplomarbeit

Betreut von: Wynfrid Kriegleder

Die Arbeit widmet sich den Hauptfiguren zweier zeitlich benachbarter Romane, deren Protagonisten sich dadurch auszeichnen, dass sie viel lesen und dass ihre Lektüre ihr Leben strukturiert: Karl Philipp Moritz’ Anton Reiser und Goethes erst posthum veröffentlichtes Romanfragment Wilhelm Meisters theatralische Sendung. Den Hintergrund erhellt das Kapitel „Lesen und Literatur im 18. Jahrhundert“ ehe die beiden Romane in einer „textbezogenen Analyse“ verglichen werden. Es geht um „Lesestoffe“ (im Anton Reiser ein sehr breites Panorama der zeitgenössischen Literaturlandschaft, während in der TS theaterspezifische Schriften dominieren) und um das „Leseverhalten der Protagonisten“ (Anton Reisers „Lesesucht“ ist eine Kompensation unerquicklicher Alltagserfahrungen durch die Flucht in eine lektürebedingte Fantasiewelt. Bei WM dagegen dominiert eine Lektüre, die nach theatralischer Wirksamkeit sucht.) Unter „Hintergründe und Motivationen“ wird nach den Ursachen für das jeweilige Leseverhalten der Protagonisten gefragt, das in beiden Fällen psychologisch, aus der Kindheit, motiviert wird. Schließlich geht es auch noch nach um „andere Leser“, also weitere als Leser dargestellte Figuren. Beide Romane entwerfen das Bild einer stark vom Lesen geprägten Sozietät, wobei allerdings höchst unterschiedliche Leseweisen in Konflikt miteinander treten. Fazit: das Lesen der Protagonisten wird per se immer positiv bewertet, der Erzähler des AR sieht jedoch bestimmte Lesestoffe, ein bestimmtes Leseverhalten kritisch. Der Erz. der TS kritisiert, ähnlich wie manche der Figuren, weniger Wilhelms Lesen als seine mangelnde Weltkenntnis, die natürlich eine Folge seines Lesens ist.