Ich gegen Babylon : Karl Kraus und die Presse im Fin de Siècle

/ Simon Ganahl

Wien : Picus, 2006

Simon Ganahl

Zugleich: Diplomarbeit, Universität Wien, 2005

In der Wiener Kulturgeschichte gab es wohl keinen bekannteren und spitzzüngigeren Medienkritiker als Karl Kraus. In seiner Analyse dokumentiert Simon Ganahl, dass der Krausschen Pressekritik ein philosophischer Ansatz zugrunde liegt, der mit Immanuel Kants Aufklärungsdiskurs verknüpft ist. Seit Anbeginn seines Schreibens stellt Kraus das Kantsche Ideal einer Subjektivität, die imstande ist, autonom zu denken und zu handeln, ins Zentrum seiner Texte. Die Tragweite der Klage, wonach die Zeitungen die Phantasie ruinieren, offenbart sich erst in diesem Zusammenhang, zumal es die verbindende Leistung der Einbildungskraft ist, die in der Kantschen Erkenntnislehre Urteilsbildung ermöglicht. Für Kraus gibt allein die Sprache als Kulturspeicher dem Ich die Möglichkeit, sich zu befreien. Wie stichhaltig, wie glaubwürdig ist nun die Pressekritik des Satirikers Karl Kraus? Lassen sich die schweren Vorwürfe gegen die Zeitungen der Wiener Jahrhundertwende faktisch belegen? Durch Inhalts- und Sprachstilanalyse kommt der Autor zu dem Schluss, dass die Anschuldigungen durchaus berechtigt waren. Während sich die „Arbeiter-Zeitung“, die Kraus als „moralische Kraft“ lobte, durch Geradheit und eine an „Die Fackel“ gemahnende Entlarvungstechnik auszeichnete, changierte die „Neue Freie Presse“, das Kraussche Hauptangriffsziel, zwischen faktenarmen Stimmungsberichten und Leitartikeln, die den Anschein der Objektivität und der humanistischen Bildung gezielt einsetzten, um Meinungen zu lenken.

ISBN: 9783854524960