Funktionen und Bedeutung der Mathematik im Werk Robert Musils

/ Wolfgang Kurz

Wien : 2004

Diplomarbeit

Betreut von: Wynfrid Kriegleder

Die Arbeit geht einem in der Forschung verbreiteten Gemeinplatz − für Robert Musil sei die Mathematik sehr wichtig − konkret an Musils Texten nach: Nach einer kurzen „mathematischen Biographie“ Musils wird im Kapitel „Complexe Verwirrungen: Mathematik im ‚Törleß’“ die pubertäre Krise des Protagonisten beschrieben, der sich zunächst von der seiner Meinung nach exakten Wissenschaft, der Mathematik, Hilfe erwartet bei dem Versuch, die gesicherte Kindheitswelt und die unbekannte Erwachsenenwelt zu verbinden. Verwiesen wird auf die subtile Ironie des Erzählers, der dem Reflexionsniveau seines Protagonisten deutlich überlegen ist. An der öfter als „geometrischer Text“ interpretierten Erzählung „Die Vollendung der Liebe“ (1911) kommt die Arbeit, in kritischer Auseinandersetzung mit den Vorgängern, zum Schluss, dass man „die mathematische Lesart eines Textes [...] auch übertreiben kann“. Neben weiteren Texten Musils gilt die Aufmerksamkeit v. a. dem Mann ohne Eigenschaften. Es geht um Ulrichs „Versuche, ein bedeutender Mann zu werden“, die in seiner Entscheidung für die Mathematik gipfeln, wobei die Mathematik den Gegensatz zur angewandten Ingenieurskunst bildet; um Musils Verwendung der Mathematik zur Charakterisierung der Figuren (neben Ulrich werden auch Leinsdorf, Arnheim und Diotime, Clarisse und Walter sowie Agathe zum Teil durch ihr Verhältnis zur Mathematik charakterisiert); und um die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik im Roman, mit deren Hilfe Musil seine Geschichtsphilosophie, die Irrelevanz des Individuellen, formuliert. Zuletzt werden. „Ansätze einer mathematisch argumentierenden Poetik“ vorgestellt; Musils Skepsis gegenüber dem traditionellen Erzählen wird anhand der in diesem Kontext verwendeten mathematischen Metaphern erläutert.