Frauen in Metropolen : Panorama eines Sujets in Romanen zwischen 1918 und 1933

/ Julie Bartosch

Wien : 2010

Julie Bartosch

Diplomarbeit

Betreut von: Ingrid Cella

Die Literatur der Weimarer Republik findet seit den 1970er-Jahren in der Forschung immer mehr Interesse, wobei auffällt, dass dieses zu einem nicht unbedeutenden Anteil den Romanen gilt, in welchen es um zeitgenössische Frauenfiguren in Metropolen geht. Das prominenteste Beispiel ist wohl Irmgard Keuns Erfolgsroman Das kunstseidene Mädchen (1932), zu dem Publikationen sonder Zahl verfasst wurden und werden. In dieser Arbeit wird ein breiteres Spektrum an Romanen des Zeitraums von 1918 bis 1933 untersucht, um, was die Forschung bis dato vermissen lässt, einen ganzheitlichen Überblick über die Gestaltungsformen des Sujets Frauen in Metropolen zu gewinnen. Als zentrale Ergebnisse dieser Auseinandersetzung sind folgende anzuführen. Das Feld an Themen und Fragestellungen, das durch das gewählte Textcorpus aufgespannt wird, ist ein außerordentlich weiträumiges. Die wichtigsten Aspekte sind das Berufsleben und die erotischen Beziehungen der Frauen, wobei das Augenmerk auf der Eroberung des androkratischen Arbeitsmarktes und der Übergangssituation zwischen Ehe und nichtehelichen Beziehungsformen liegt. Die beruflichen Chancen der Frauen sind gering, Karrieren sind möglich, erweisen sich jedoch als zeitlich begrenzt. Die Ehe und mit ihr der Ehemann hat immer weniger Bedeutung und steht kaum noch im Mittelpunkt der weiblichen Daseinskonzepte. Nebenaspekte sind der metropolitane Sozialverband der Protagonistinnen, der sich als höchst defizitär erweist, sowie die Mutterschaftsproblematik, hinsichtlich derer nach wie vor für eine Entscheidung zwischen Berufstätigkeit und Hausfrauenexistenz plädiert wird. Was die Gestaltung der traditionellen literarischen und der aktuellen Weiblichkeitstypen betrifft, ist eine deutliche Verlagerung des Schwerpunkts zu Gunsten letzterer festzustellen, wobei diese Konzepte der Neuen Frau jedoch auch höchst kontrovers diskutiert werden. Die Darstellung der Metropole selbst erfolgt in erster Linie über die Konstruktion der für das urbane Lebensgefühl der Roaring Twenties typisch geltenden Atmosphäre, die Stadt in ihrer Bedeutung für die Protagonistinnen ist selten ein positiver Raum. Insgesamt ist in den Lebensentwürfen der urbanen Frauenfiguren eine fundamentale Dekontextualisierung, Verunsicherung und Vereinzelung zu konstatieren.