/ Johannes Mathä
Wien : 2011
Diplomarbeit
Betreut von: Pia Janke
In der Arbeit wird der Frage nachgegangen, in welcher Art und Weise Elfriede Jelinek den antiken Botenbericht im Theatertext "Rechnitz (Der Würgeengel)" verarbeitet hat. Dabei werden zunächst direkte Zitate aus Botenberichten der antiken Tragödie analysiert. Es zeigt sich, dass die Übernahme von Textstellen aus der Euripides-Tragödie "Die Bakchen" einerseits dazu genutzt wird, historische Ereignisse unglaubwürdig erscheinen zu lassen. Andererseits wird gezielt eine Verbindung zwischen den grausamen Morden in Rechnitz im Jahre 1945 und dem rauschhaften Treiben am Berg Kithairon in der antiken Vorlage hergestellt. Weiters wird in der Arbeit ein theoretisches Modell für den Botenbericht erstellt und der Frage nachgegangen, ob Jelineks Text tatsächlich in Form eines antiken Botenberichts gehalten ist. Dabei zeigt sich, dass die Autorin gewisse Kriterien, wie etwa die eingeschränkte Präsentation, überbetont, während andere Charakteristika, wie Neutralität und Indifferenz dem Bericht gegenüber, bewusst verletzt werden, um den im Stück vorkommenden Leugnungsdiskurs weiter zu betonen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Text als antiker Botenbericht aufgefasst werden kann und durch diese Form das Verschweigen und Vertuschen der Rechnitzer Bevölkerung in der Nachkriegszeit dargestellt wird.