/ Lisa Krammer
Wien : 2023
Dissertation
Betreut von: Manfred GlauningerMonika Dannerer
Universitäten stellen Orte spezifischer Mobilität und sprachlicher Dynamik dar. Spracheinstellungsstudien, die den tertiären Bildungsbereich in Österreich in den Blick nehmen, gelten dennoch im Unterschied zu einschlägigen Forschungen zum sekundären Bildungsbereich nach wie vor als Desiderat. Vor diesem Hintergrund bilden ausgewählte Aspekte der Wahrnehmungen, Einstellungen und Einschätzungen von Studierenden hinsichtlich der Variation der deutschen Sprache im Kontext der Lehre an fünf Wiener Universitäten den Gegenstand vorliegender Untersuchung. Theoretisch verortet sich die Arbeit an der Schnittstelle der soziolinguistischen Paradigmen der Sprachwahrnehmungs- und Spracheinstellungsforschung (bzw. Sprachideologieforschung) sowie der Sprachvariationsforschung. Ein gesamtgesellschaftlich stabil verankertes Stereotyp zeichnet den Wissenschaftsbetrieb als eine homogen standardsprachlich geprägte Domäne. Wie aber wird der Gebrauch der deutschen Sprache in unterschiedlichen Lehrveranstaltungstypen und anderen Situations- und Gesprächskonstellationen im Rahmen der universitären Lehre von Studierenden wahrgenommen und eingeschätzt? Wie nennen und konzeptualisieren die Studierenden die dabei von ihnen selbst bzw. von Studienkolleg*innen und Lehrenden gesprochenen Erscheinungsformen (linguistisch: Varietäten) der deutschen Sprache? Welche sozialen Bedeutungen verbinden sie damit? Um diese Forschungsfragen beantworten zu können, ist ein sequenzielles Mixed-Methods-Design umgesetzt worden. Die Einstellungen und Wahrnehmungen von Studierenden zur mündlichen, variationsspezifischen Verwendung der deutschen Sprache im universitären Kontext der Lehre wurden mithilfe eines Online-Fragebogens erhoben. Die Stichprobe besteht aus 1339 Studierenden verschiedener Studienrichtungen der fünf größten Universitäten Wiens: Politikwissenschaft (Universität Wien), Architektur (Technische Universität Wien), Wirtschaftsrecht (Wirtschaftsuniversität Wien), Umwelt- und Bioressourcenmanagement (Universität für Bodenkultur Wien) und Humanmedizin (Medizinische Universität Wien). Auf Basis der statistischen Auswertung der Fragebögen konnte eine Fülle an aufschlussreichen Ergebnissen gewonnen werden. So zeigt sich unter anderem, dass es hinsichtlich der Einschätzung der eigenen Sprachverwendung, aber auch in Bezug auf weitere relevante Aspekte starke Unterschiede insbesondere zwischen Politikwissenschaft-Studierenden (Universität Wien) und Umwelt- und Bioressourcenmanagement-Studierenden (Universität für Bodenkultur Wien) gibt. 20 episodische Interviews mit Studierenden dieser beiden Studienrichtungen loten deshalb – komplementär zu den quantitativen Befunden – Ausschnitte des subjektiven Spracherlebens nach Brigitta Busch der Studierenden im sozialen Raum ‚Universität‘ qualitativ aus. Im Zuge der inhaltlich-strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse dieser Interviews wird insbesondere die Ausbildung einer studentischen Fachkultur nach Barbara Friebertshäuser, unter Berücksichtigung der entsprechenden Einflusskulturen (Herkunftskultur, akademische Fachkultur und Berufskultur), fokussiert.