/ Sonja Weiß
Wien : 2016
Masterarbeit
Betreut von: Lydia Miklautsch
Das anthropologische Phänomen der Schuld, das ob seiner Allgegenwärtigkeit innerhalb sozialer Ordnungen für jede historische Gesellschaft von Relevanz ist und die Epoche des Mittelalters wesentlich geprägt hat, nimmt in den kleinen Verserzählungen Das Herzmaere, Der Welt Lohn und Heinrich von Kempten Konrads von Würzburg eine zentrale Rolle ein. In der vorliegenden Arbeit werden diese kurzen epischen Texte im Hinblick auf die Darstellung und Funktion der Schuld analysiert, wobei mithilfe von vier Schuld-Kategorien (moralisch, religiös, politisch, juristisch) speziell die dargestellten Verstöße gegen das zeitgenössische sittlich-ethische Tugendsystem, die Übertretungen religiöser Richtlinien gemäß der mittelalterlichen Sündenlehre, die Verletzungen des weltlichen Rechts des 13. Jahrhunderts und das Fehlverhalten der Figuren im politischen Kontext des feudalen Gesellschaftssystems untersucht werden. Der Fokus der Analyse liegt auf der Frage, auf welche Art und Weise der Dichter die schuldhaften Handlungen der Figuren darstellt, welche Funktionen er diesen Taten zuweist und worin die Ursachen bzw. Motive für derartiges Verhalten liegen. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass Konrad die Komplexität und Diversität des Schuld-Phänomens bewusst genutzt hat und diesem in den drei ausgewählten Dichtungen sehr differente Funktionen zugewiesen hat. Die Betrachtung der äußerst unterschiedlichen werkimmanenten Schuldauffassungen erlaubt schlussendlich neue Rückschlüsse auf die Aussagen dieser kleinen Verserzählungen.