Die Darstellung von Schmerz in den jugendliterarischen Texten „Wildwasser“ von Paulus Hochgatterer und „Rotkäppchen muss weinen“ von Beate Teresa Hanika

/ Susanne Kallinger

Wien : 2013

Diplomarbeit

Betreut von: Pia Janke

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Darstellung und Funktion des Phänomens Schmerz in jugendliterarischen Texten der Gegenwart zu prüfen. Für die literaturwissenschaftliche Analyse werden folgende Werke herangezogen: Wildwasser von Paulus Hochgatterer und Rotkäppchen muss weinen von Beate Teresa Hanika Als theoretische Grundlage dienen vordergründlich Iris Hermanns Abhandlungen über Schmerz in Literatur, Musik und Psychoanalyse, in der sie die Präsenz von Schmerz in ästhetischen Texten hervorhebt, ausdifferenziert und verschiedene Aspekte des Schmerzes beleuchtet. Die zentrale Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist es, die unterschiedlichen Aspekte des Schmerzes und dessen Darstellungsformen auch in jugendliterarischen Texten zu beleuchten. Eine grobe Gliederung der Beobachtungen des Phänomens Schmerz als Kategorie in der Jugendliteratur ergibt sich aus den Fragen nach Präsenz, Kommunikation, Manifestation und Funktion des Schmerzes in den ausgewählten Texten. Die Frage nach der Präsenz des Schmerzes in der Literatur ist in erster Linie definitorisch erarbeitet. Es wird ein kurzer Überblick über die verschiedenen Schmerzdiskurse in Medizin, Philosophie und Psychoanalyse gegeben, unter anderem um den Zusammenhang von psychischem und physischem Schmerz zu erläutern, der für die anschließende Analyse bedeutend ist. Bezüglich Kommunikation ist erarbeitet worden, dass die Dialogizität des Schmerzes sehr bedeutend ist. Beim Sprechen und Schweigen über Schmerzen, sowie auch beim Schmerzverhalten wird ein Gegenüber gesucht, das die Schmerzen wahrnimmt. Hier werden die Überlegungen Wittgensteins über die Unbegreiflichkeit des Schmerzes für Außenstehende aufgegriffen. Außerdem ist zu sagen, dass die explizite, mündliche Schmerzartikulation in den analysierten Texten die Ausnahme bildet. Schmerz drückt sich in den gewählten jugendliterarischen Werken vor allem durch Schmerzbenehmen aus und ist von einer gewissen Latenz gekennzeichnet. Schmerz manifestiert sich in literarischen Texten am Körper einer Figur zum Beispiel als Wunde. Iris Hermann erwähnt in ihrer Kategorie der Symptome des Schmerzes neben Wunden auch die Topographie des Schmerzes. Exemplarisch dafür hält sie den Schmerz des Philoktet im gleichnamigen Drama von Sophokles. Philoktet wird auf eine einsame Insel verbannt und somit aus seiner topographischen Vertrautheit herausgerissen, was Schmerz und Leid zur Folge hat. In den jugendliterarischen Werken zeichnet sich Schmerz ebenfalls topologisch ab. Neben der Gestaltung des Raums wirkt sich Schmerz auch auf die zeitliche Gestaltung und die Struktur der Texte aus. Er manifestiert sich nämlich in beiden ausgewählten Werken in der Erinnerung der ProtagonistInnen Zuletzt wurde die Frage gestellt, welche Funktion der Schmerz für die Texte hat. Hier stellt sich heraus, dass das Phänomen des Schmerzes als Motor und Initiator für die Handlungen in den Texten wirkt. Auf Grund der Dynamik, die durch Schmerz entsteht, fungiert Schmerz auch als wichtiger Faktor für Identitätsfindungsprozesse, die sich in der adoleszenten Phase vollziehen.