„Dich auf den Minen ihrer Intelligenz hochgehen zu lassen“ : Schreiben gegen die zerstörerische Herrschaft der Vernunft in Ingeborg Bachmanns „Todesarten“-Projekt

/ Andrea Katharina Heinz

Wien : 2023

Andrea Heinz

Dissertation

Betreut von: Pia Janke

Als der einzige zu Lebzeiten Ingeborg Bachmanns veröffentlichte Roman des so genannten Todesarten-Projektes, Malina, 1971 erschien, war unter dem Titel Liebe und Tod einer Prinzessin in einer Rezension von Joachim Kaiser in der Süddeutschen Zeitung von der ungeheuerlichen „Distanz dieses todesmutigen Märchens zu allem Politischen, Weltverändernden, Soziologischen“ die Rede. Die Dissertation „Dich auf den Minen ihrer Intelligenz hochgehen zu lassen“ – Schreiben gegen die zerstörerische Herrschaft der Vernunft in Ingeborg Bachmanns „Todesarten“-Projekt weist nach, dass auf geradezu frappante Weise das genaue Gegenteil der Fall ist und besagter Roman ebenso wie das Todesarten-Projekt in seiner Gesamtheit auch und gerade heutigen Leser/innen sehr viel über das „Politische, Weltverändernde, Soziologische“ zu sagen haben. Die Arbeit zeigt, dass Ingeborg Bachmann in ihrem literarischen Werk und speziell im Todesarten-Projekt aber auch nicht, wie oft postuliert, nur vordergründige Kritik an den zum Entstehungszeitpunkt dieser Texte herrschenden Geschlechternormen übt, sondern in der Darstellung des Faschismus in den zwischenmenschlichen (und meist: zwischengeschlechtlichen) Beziehungen viel elementarer eine Gesellschaft, die im Geiste des Logozentrismus denkt und handelt, kritisiert. Die Unterdrückung der Frauen ist insofern nicht das primäre Problem – sie ist eines von vielen Symptomen einer zerstörerischen Gesellschaftsordnung und der ihr zugrunde liegenden, auf Berechnung und Nutzbarmachung fußenden Denkart.rNeben dieser übergreifenden Deutung des Todesarten-Projektes als Logozentrismuskritik untersucht und beweist die Arbeit aber noch zwei weitere Thesen: Zum einen, dass das Todesarten-Projekt als ein einziges Buch gedacht und auch als solches zu lesen ist; zum anderen, dass Ingeborg Bachmann bewusst Theorie-Konzepte wie etwa Ludwig Wittgensteins Sprachkritik oder poststrukturalistische Ideen verwendete, um diese Kritik auch abseits einer poetischen Ebene zu beglaubigen und zu verstärken.rAbschließend zeigt die Arbeit, dass die poetologische Verwendung von Träumen und Traummotiven, Märchenmotiven und Archetypen in den Todesarten-Texten eine strategische ist, um die darin transportierte Kritik an der logozentrischen Gesellschaftsordnung als allgemeingültig zu markieren.