/ Murray G. Hall
Wien : Löcker, 1978
Habilitationsschrift
1925 erschoß ein junger Mann den österreichischen Erfolgsschriftsteller Hugo Bettauer. Im folgenden Prozeß ging der Attentäter praktisch straffrei aus.
Wie es dazu kam, die Vorgeschichte des Mordes und die Geschichte des Prozesses, erzählt dieses Buch. Hugo Bettauer hat mehr als zwanzig Romane geschrieben, darunter die Bestseller „Die freudlose Gasse“ und „Die Stadt ohne Juden“. Er war aber kein Trivialautor wie viele andere. Seine Kriminalromane aus der Inflationszeit enthielten politischen Sprengstoff: Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, Bundeskanzler Seipel, Minister und Großbankiers, traten darin unter ihrem vollen Namen auf. Schon allein dieses Ineinander von Literatur und Politik erregte Anstoß. Zudem stand Bettauer unter Pornographie-Verdacht: Er gab zwei Zeitschriften für Sexualaufklärung heraus. Die offiziell nicht vorhandene Zensur schlug zu. Man machte Bettauer den Prozeß. Es ging dabei jedoch viel weniger um Unsittlichkeit oder was man dafür hielt, als um Antisemitismus — denn Bettauer war Jude. Vom Gericht freigesprochen, wurde er von der Medienjustiz zur Strecke gebracht. Das Attentat war nur der folgerichtige Abschluß einer publizistischen Hetzkampagne.
Murray Hall hat aus Gerichts- und Polizeiakten, aus persönlichen Dokumenten und Zeitungsausschnitten den „Fall Bettauer“ neu aufgerollt. Der Autor schildert die skandalumwitterte Karriere eines ermordeten Literaten vor dem politischen und sozialen Hintergrund der frühen Zwanzigerjahre. Das Ergebnis ist ein faszinierender politischer Kriminalroman. Hätte ihn die jüngste Geschichte nicht geschrieben, man müßte ihn erfinden.
ISBN: 3854090021