/ Georg Dobnig
Wien : 2010
Diplomarbeit
Betreut von: Pia Janke
Es waren der Fragestellungen und auch Grundannahmen mehrere, welche die vorliegende Arbeit ab ovo begleiteten und zusammenfassend lässt sich sagen, dass der antizipierte Argumentationsweg ein begehbarer war. Zunächst wurde der Begriff der Postdramatik auf seine historische Einbettung, genauer: auf seine dramengeschichtlichen Voraussetzungen hin, analysiert. Die Kernerkenntnis dieses Arbeitsschrittes war die argumentative Zulässigkeit des von Hans-Thies Lehmann entwickelten Begriffs, weil er gerade in seinen kunst- und auch philosophiehistorischen Implikationen und seiner Eingebundenheit in die Genese des Theaters an sich in einer folgerichtigen Beweisführung gewählt scheint. Es sei an dieser Stelle aber festgehalten, dass in Hinblick auf Gattungsbegrifflichkeiten ganz allgemein ein permanenter Diskurs anzustreben ist, um eine generelle Offenheit im Umgang mit Epochen- und Kanonbildung zu gewährleisten. Gerade Lehmanns Thesen scheinen ein gelungener Versuch zu sein, in diesem permanenten Abarbeiten an der Gattungsgeschichte neue Erkenntnisse hervorbringen zu können. In einem nächsten Schritt wurde der Versuch unternommen, die wesentlichsten Momente und Merkmale der postdramatischen Tendenz des modernen Theaters festzumachen und herauszuarbeiten, um auf diesem Pfad ein Instrumentarium zu entwickeln, das es ermöglichen sollte, das Theaterschaffen René Polleschs zu analysieren beziehungsweise auf seine Relation mit dem Feld der Postdramatik hin zu untersuchen. Experiment und Risiko, die großen Untersuchungsfelder von Gegenwart, Dialog und Handlung, die Dimension von Körperlichkeit und nicht zuletzt die spezifischen Inhalte, die ja auch mit den theatertheoretischen Grundlagen in Beziehung stehen, seien als einige unter vielen Signifikanzen hervorgehoben. Auf dieser Basis wurde abschließend mit „Das purpurne Muttermal“ eine konkrete Inszenierung Polleschs bearbeitet. Festzuhalten ist, dass die recherchierten Merkmale der Postdramatik sich mühelos auf die konkrete Theaterarbeit Polleschs übertragen ließen. Die Grundfrage all dieser Bemühungen war schließlich durchgängig, ob der Begriff der Postdramatik in einer direkten Anwendung auf die sowohl textliche als auch inszenatorische Arbeit Polleschs fruchtbar zu machen wäre. Die vorliegende Diplomarbeit ist nun im besten Falle der Beweis für die Möglichkeit und Stimmigkeit einer dahingehend ausgerichteten Analyse. Die inhaltlichen und formalen Aspekte der Arbeiten Polleschs um die Phänomene von Sprache, Zeit, Raum oder etwa Körperlichkeit, auch die Verbindung zu den Implikationen einer modernen Medienlandschaft und vor allem das Abarbeiten an den Begrifflichkeiten von Realität und Identität vermögen es grundsätzlich, mit den Thesen Lehmanns zu korrespondieren. Ein weiterer Aspekt, der die vorliegende Untersuchung begleitete, war der Versuch, eine Beziehung zwischen dem Begriff der Postdramatik, der künstlerischen Arbeit Polleschs und dem philosophischen Terminus der Postmoderne herzustellen. Auch in diesen Zusammenhängen ergaben sich offensichtliche Schnittmengen, die eine argumentative Engführung dieser Bereiche rechtfertigen. Die grundsätzliche Ungesichertheit der Wirklichkeit, auch die Enthierarchisierung von vermeintlichen Wissensinhalten und die damit verbundene Unterwanderung gleichsam totalitärer Denk- und Wahrnehmungsstrukturen können in diesem Kontext als Beispiele fungieren.