Stadtbilder: Pressburg / Bratislava in der Reiseliteratur

Neuere deutsche Literatur

Projektleitung: Jozef Tancer

Projektlaufzeit: 01.09.2011 - 31.08.2012

Fördergeber:
Lise-Meitner-Programm des FWF (M 1299)

Das Thema des vorliegenden Forschungsvorhabens ist das Bild Pressburgs in der Reiseliteratur vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Es soll untersucht werden, wie itinerare Texte, bedingt durch die Regeln der Gattung, durch konkrete Umstände der Reise oder des Reisetypus, durch die Biographie des Autors und die vorherrschenden stadtbezogenen Diskurse die ostmitteleuropäische „Kleinmetropole“ Pressburg imaginieren. Ich möchte zeigen, aus welchen Gründen und mit welchen Mitteln Stadtbilder konstruiert werden und welche Rolle sie in literarischen und journalistischen Diskursen spielen. Es sollen Reiseberichte verschiedener kultureller und sprachlicher Provenienz (v. a. deutsche, englische, slowakische und ungarische Texte) aus der Sicht der Imagologie und der urbanen Semiotik erforscht werden.

Das vorliegende Projekt versteht sich nicht nur als Beitrag zur Gattungs- und Wirkungsgeschichte der Reiseliteratur, sondern als Beitrag zu einer nicht national orientierten Literaturgeschichtsschreibung Ostmitteleuropas. Die Aufmerksamkeit gilt verschiedenen angesehenen deutschschreibenden Autoren Österreich-Ungarns sowie der späteren 1. Tschechoslowakischen Republik. Es geht vor allem um Autoren, die aus dem Rahmen der traditionell orientierten Literaturgeschichtsschreibungen in Ostmitteleuropa herausfallen (z. B. Elsa Grailich).

Stadtbilder stellen ein typisches Phänomen transmedialen Charakters dar. Sie sind Bestandteil eines weit differenzierten intermedialen Feldes. Deshalb wird bei der Analyse die Beziehung der Reiseliteratur zu anderen Quellentypen (sowohl textueller als auch visueller Natur) mitberücksichtigt, die an der Konstruktion von Stadtbildern mitbeteiligt sind (Karten, Panoramen, Stadtpläne, Fotografien usw.). Die Einbeziehung visueller Elemente ist nicht nur durch die Koexistenz bzw. die komplementäre Rolle von Text und Bild gerechtfertigt, sondern auch durch die Tatsache, dass den textuellen und den visuellen Stadtbildern z. T. die gleichen mentalen Repräsentationen zugrunde liegen, die zu erforschen meine Hauptintention ist.

Ich möchte das vorliegende Projekt am Institut für Germanistik der Universität Wien durchführen, an dem die Reiseliteraturforschung eine besondere Tradition hat. In Zusammenarbeit mit meinem Wiener Betreuer Ao. Prof. Dr. Wynfrid Kriegleder möchte ich hier diesen Forschungsbereich, der sich in den 1980er Jahren maßgeblich um die Etablierung der Reiseliteraturforschung innerhalb der Literaturwissenschaft verdient hat, neu aktivieren. Die Bibliotheken und Archive in Wien bieten die besten Möglichkeiten, dieses Ziel zu erreichen.