Ökonomien der Parodie am Wiener Vorstadttheater: Edition und Analyse

Neuere deutsche Literatur

Projektleitung: Matthias Mansky

Fördergeber:
Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank (17767)

Das interdisziplinäre Forschungsprojekt verknüpft wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte mit gattungstypologischen Fragestellungen. Am Beispiel der Parodie an den Wiener Vorstadtbühnen im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts sollen die verschiedenen „Ökonomien“ dieses Genres hinterfragt und so ein Beitrag zur Grundlagenforschung zum „Wiener Volkstheater“ geleistet werden. Anders als in bisherigen wissenschaftlichen Annäherungen versteht das Projekt die Parodie als theaterpraktische Gattung einer literarischen und kulturellen Transgression, an der sich nicht zuletzt die Produktionsbedingungen der Autoren an den gewinnorientierten, populären Unterhaltungstheatern in sozioökonomischen Krisenzeiten aufzeigen lassen (Zeitdruck bei der Produktion, Publikumsgeschmack, Theaterkritik, Zensur). Durch die in den Stücken omnipräsente Geldmotivik soll zudem ein sozialhistorischer Kontext zu den Finanzkrisen der Österreichischen Habsburgermonarchie (Inflation, Teuerung, Staatsbankrott 1811) hergestellt werden, die zu einer Zerrüttung der Staatsfinanzen, einer Verschiebung der sozialen Schichten und einem Misstrauen in Währung und Papiergeld führten. In den publikumswirksamen Parodien des Wiener Unterhaltungstheaters deutet sich eine „theatralische Kommunikationsstrategie“ der Autoren an, in Zeiten repressiver Kontrolle und Zensur sowohl die politischen und gesellschaftlichen Turbulenzen als auch die zeitgenössischen Lebensängste auf der diskursiven Ebene der Komik zu reflektieren.

Ziel des Projekts ist es, diesen Fragestellungen anhand eines ausgewählten Textkorpus an bisher unbeachtet gebliebenen Vorstadttheaterparodien nachzugehen. Durch die kommentierte Edition der Stücke, die eine repräsentative Auswahl der parodierten Genres (Klassiker-Parodien, Opernparodien, Ballettparodien und Parodien des populären bürgerlichen Rührstücks) subsumiert, soll auch auf editionsphilologischem Gebiet eine Forschungslücke geschlossen werden.