Fremdsprachenunterricht und kultureller Kontext

Deutsch als Fremd- und Zweitsprache

Projektleitung: Klaus-Börge Boeckmann

Projektlaufzeit: 1999 - 2005

Fördergeber:

Kommunikation im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht in Japan

1999 – 2001 gefördert vom Japanischen Kultusministerium

Die Problematik, dass ‚westliche‘ Fremdsprachenunterrichtsmethodenden örtlichen Verhältnissen in nicht-westlichen Ländern nicht angemessen sind, wird in den letzten Jahren verstärkt diskutiert. Die ‚westliche‘ Unterrichtsmethodik wird dabei zumeist mit dem kommunikativen Ansatz identifiziert, dem bspw. in den asiatischen Ländern typischerweise traditionelle analytische, grammatikorientierte Ansätze gegenüberstehen. In der Annahme, dass kulturbedingte Lehr- und Lerntraditionen die Ursache der Unangemessenheit ‚westlicher‘ Unterrichtsmethodik sind, geht die umfangreiche empirische Studie unter dem Titel „Fremdsprachenunterricht und kultureller Kontext- Kommunikation im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht in Japan“ diesen auf den Grund – als Ausgangspunkt für eine Weiterentwicklung im Sinne angemessener Unterrichtsmethodologie für den japanischen kulturellen Kontext. In der Untersuchung wurden im wesentlichen methodische Instrumente der qualitativen Sozialforschung eingesetzt, d.h. Beobachtung, Fragebögen mit offenen Fragen und Leitfadeninterviews. In der Kernuntersuchung wurden jeweils zwei Lernergruppen an einer staatlichen und einer privaten Universität mit diversen Methoden zu verschiedenen Zeitpunkten untersucht. Einschließlich der ergänzenden Beobachtungen, Befragungen und Interviews in anderen Lernergruppen (an anderen Universitäten sowie an einer Oberschule und einem Kulturinstitut) wurden über 60 Unterrichtsbeobachtungen in 23 Lernergruppen an sieben verschiedenen Institutionen, 16 Lernerbefragungen und zwölf Einzel- und Gruppeninterviews durchgeführt.

Zu den wichtigsten Ergebnissen gehören neben einer Bestandsaufnahme der historischen und aktuellen Situation des Deutschunterrichts an japanischen Universitäten eine Reihe von Erkenntnissen über den Umgang von Lehrenden und Lernenden mit kommunikativem Deutschunterricht: (a) Elemente der traditionellen Lernkultur koexistieren mit einer Innovationsorientierung bei vielen Lernenden; (b) ein ‚typisch japanisches‘ Lernverhalten ist nicht nachweisbar, die Lernenden sind im Eingehen auf den jeweiligen Unterrichtsstil sehr flexibel; (c) auch innerhalb eines Unterrichtsstils (traditionell bzw. kommunikativ) kommen äußerst verschieden ausgeprägte Unterrichtsinteraktionsmuster vor und die Lernerinitiierung (in dieser Untersuchung das ‚Maß‘ für Kommunikativität) erreicht ein jeweils unterschiedliches Niveau.

Die wenigen beobachteten Japan-spezifischen Aspekte (traditionelle Lernkultur) lassen sich mit dem Bedürfnis nach Sicherheit und Strukturierung bei den Lernenden erklären. Das erfordert aber keine eigene Japan-spezifische angemessene Methodik. Die Unterrichtenden wenden jedoch unterrichtstechnische Strategien an, um den Lernenden den Zugang zu erleichtern. Einige weitere Strategien können auf Grund meiner empirischen Studie empfohlen werden. Aber: Diese lassen sich ohne weiteres im Rahmen üblicher kommunikativer Unterrichtsformen umsetzen und sind nicht Japan-spezifisch, sondern auch in anderen Kontexten einsetzbar. Vorschnelle kulturelle Zuschreibungen bei Umsetzungsschwierigkeiten kommunikativer Unterrichtsformen im japanischen Kontext können als Attribuierungsfehler entlarvt werden: nicht das ‚typisch japanische‘ Lehr- und Lernverhalten steht dem kommunikativen Arbeiten entgegen, sondern je nach Einzelfall eine Vielfalt von möglichen mikrokulturellen Einflussfaktoren, die nicht oder nur in geringem Ausmaß spezifisch für die japanische Makrokultur sind.

Derzeit wird die Projektabschlusspublikation beim österreichischen StudienVerlag vorbereitet. Voraussichtliches Erscheinungsdatum: Sommer 2005.