Abendländische Apokalyptik. Zur Genealogie eines religiösen Motivs in der europäischen Kultur

Neuere deutsche Literatur

Projektleitung: Roland Innerhofer

Projektteam: Leopold Schlöndorff Christian Zolles

Projektlaufzeit: 36 Monate (01.03.2009-29.02.2012)

Fördergeber:
Förderprogramm DOC-team der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

Website

Projektleitung andere Forschungseinrichtungen: Friedrich Edelmayer, Frank Hartmann, Walter Pohl
ProjektmitarbeiterInnen andere Forschungseinrichtungen: Catherine Feik, Veronika Wieser, Martin Zolles

Das Forschungsprojekt untersucht ausgehend vom religiösen Motiv der ‚Apokalypse‘ auf möglichst umfassender theoretischer und methodischer geistes- bzw. kulturwissenschaftlicher Basis jene Darstellungsformen und die ihnen zugrunde liegenden diskursiven, sozialen und politischen Mechanismen, die Szenarien einer Krisen- und Endzeit entwarfen und entwerfen. Nach Erarbeitung einer gemeinsamen Terminologie und eines interdisziplinären Fragenkomplexes werden vergangene und gegenwärtige Aneignungs- und Vermittlungsprozesse apokalyptischer Narrative eingehend analysiert und kohärent gegenübergestellt. Vorhaben ist, deren Abhängigkeit in der begrifflichen und darstellerisch variierenden Ausprägung von zeitgenössischen Ordnungsmustern herauszuarbeiten.

Die Zielsetzungen lauten im Detail:

  • den aktuellen Gebrauch des Begriffs ‚Apokalypse‘ sowohl im Alltag als auch in den (kultur)wissenschaftlichen Disziplinen auf seine epistemologischen und motivischen Wurzeln zurückzuführen und damit einhergehend seine historischen Bedeutungstransformationen in seinen spezifisch-charakteristischen und medial bedingten Ausrucksformen darzustellen;
  • der Herausbildung von Erzähltraditionen, der Verwendung, Transformation, Wiederaufnahme und Selektion bestimmter apokalyptischer Motive (Antichrist, Gog und Magog, Jüngstes Gericht, Hure von Babylon, Sternenfall) nachzugehen und damit gleichzeitig die (Selbst)Wahrnehmung und Positionierung einer Gesellschaft zu hinterfragen, die mit Krisen, Katastrophen und Untergängen konfrontiert wird; zu klären, inwieweit eine ‚apokalyptische‘ Erzählung die Wahrnehmung einer Gesellschaft beeinflusst, wie wiederum apokalyptische Motive Eingang in den gesellschaftlichen Diskurs finden;
  • ‚apokalyptische‘ Narration im Kontext unterschiedlicher (historischer, heilsgeschichtlicher, wissenschaftlicher, politischer) Wahrheitsansprüche und Deutungsmonopole zu begreifen, somit die aus spezifischen Machtgefügen hervorgehenden Positionen und Gegenstandsbereiche herauszuarbeiten, die zu bestimmten Krisenzeiten in Erscheinung treten;
  • eine Genealogie des religiösen Motivs ‚Apokalypse‘ in der europäischen Kultur zu entwerfen und historische Brüche und Wandel ‚apokalyptischen‘ Wahrnehmens, Denkens, Handelns und Herrschens zu lokalisieren.

Das Projektteam setzt sich aus zwei Germanisten, zwei Historikerinnen und einem Medienwissenschafter zusammen. Die beiden germanistischen Dissertationsprojekte beschäftigen sich einerseits mit literarisch-apokalyptischen Texten des 20. und 21. Jahrhunderts, der Rolle der Naturwissenschaften im Narrativ der Literatur (‚science in fiction‘) und der komplementären Problematik der Verortung des Narrativs in den Wissenschaften (‚fiction in science‘). Andererseits werden in der Beschäftigung mit prophetischen Texten und astronomisch-astrologischen Zeichen kryptologische Sprachmuster in Vorausdeutungen und der Zusammenhang zwischen dem Motiv ‚Apokalypse‘ und abendländischen universalen Raumkonzepten untersucht.