Mediennostalgie
420001 SE 2024W
Vortragende der Germanistik:
Nächster Termin
Dienstag, 15.10.2024 18:30-20:00 Seminarraum I Germanistik Hauptgebäude, 1.Zwischengeschoß, Stiege 7a über Stiege 9
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
Mit Nostalgie verbindet sich ein utopisches Potential, nämlich das Wiederaufleben des Antiquierten und Unabgegoltenen, ebenso aber der restaurative Wunsch nach Rückkehr zu den Ursprüngen einer reineren, weniger vermittelten Gegenwart. Bereits 1688 von dem Elsässer Arzt Johannes Hofer geprägt aus griech. nostos, »Heimkehr«, und algia, »Schmerz«, bezeichnete der Begriff zunächst eine melancholische Anpassungsstörung. Im 20. Jahrhundert, als sich der Terminus aus dem medizinisch-pathologischen Kontext allmählich losgelöst hatte, betraf er recht unspezifisch eine sentimentale Rückwendung in die Vergangenheit.
Die mit der Nostalgie einhergehende ›promesse du bonheur‹ hat man rasch als Kompensation beschleunigter kultureller Entwicklungen verstanden. Weniger selbstverständlich war aber, inwieweit sie auch mit dem Aufkommen technischer Medien verknüpft ist, etwa mit Foto und Dia, Schallplatte und Musik-Cassette oder Film und Videotape. Von der Medienentwicklung überholt, sind diese Träger und Trigger des Nostalgischen bis heute ihrerseits zu Fluchtpunkten der Nostalgie geworden – woraus sich auch der Doppelsinn von ›Mediennostalgie‹ erklärt.Vor diesem Hintergrund soll sich das Seminar unterschiedlichen mediennostalgischen Konstellationen widmen: Unter welchen Bedingungen steht eine literarische Poetik der Nostalgie? Gibt es so etwas wie einen nostalgischen Stil medientheoretischen Denkens? Inwiefern beherrscht das klassische Kino, wenn es sich mit seiner Vergangenheit im Stummfilm oder mit seiner Transformation in der digitalen Welt auseinandersetzt, immer schon ein nostalgischer Grundton der Autoreflexion? Und was hat es mit der heutigen Leitdifferenz von analog und digital auf sich, sobald es darum geht, technikgeschichtlich obsoleten Medien durch ‚remediation‘ in neueren Technologien ein Nachleben zu gewähren?Das Seminar ist für Promovierende aus allen Fächern der Fakultät gedacht. Es ist zwar forschungsorientiert, bietet jedoch den TeilnehmerInnen auch Gelegenheit zur Präsentation ihrer Dissertationsprojekte, ganz gleich, ob diese innerhalb oder abseits des skizzierten Themenhorizonts liegen.
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
- regelmäßige und aktive Teilnahme
- Lektüre und Vorbereitung entsprechend des Arbeitsplans
- Impulsreferat und Teilnahme in Expertengruppe mit Diskussionsleitung
Literatur
o Dominik Schrey, Analoge Nostalgie in der digitalen Medienkultur, Berlin 2017.
o Katharina Niemeyer, »Media Studies and Nostalgia. Media Philosophy and Nostalgizing in Times of Crisis«, in: Michael Hviid Jacobsen (Hg.), Intimations of Nostalgia. Multidisciplinary Explorations of an Enduring Emotion, Bristol 2022, S. 151–170.
Prüfungsstoff
vgl. Semesterplan
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
- vgl. oben bei "Art der Leistungskontrolle"
- Diskussionsbeiträge
- eigener Input: originelle Themenwahl und klare Fragestellung; Erschließung des aktuellen Forschungsstands; Methodenbewusstsein; theoretischer Hintergrund
Abkürzungen: ÄdL: Ältere deutsche Sprache und Literatur – DaF/Z: Deutsch als Fremd- und Zweitsprache – FD: Fachdidaktik Deutsch – NdL: Neuere deutsche Literatur – SpraWi: Sprachwissenschaft