Vorlesungs­verzeichnis

Wer spricht? Das Geschlecht des "Lyrischen Ich"

Wahllehrveranstaltung

240108 SE 2024S

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Vortragende der Germanistik:

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Schon die frühe feministische Literaturwissenschaft hat darauf hingewiesen, dass das Geschlecht des „lyrischen Ich“ eine zentrale Rolle bei der Bestimmung der Bedeutung und Wirkung von Gedichten spielen kann. Ein erster Befund dieser Forschung: Eine explizit weibliche Stimme in der Lyrik macht Erfahrungen von Frauen in einer von männlichen Perspektiven dominierten Gesellschaft sichtbar und öffnet den literarischen Text für eine feministische Interpretation.

Wann immer sich die gendertheoretisch fundierte Literaturwissenschaft seither damit beschäftigt, wer im Gedicht zu Wort kommt, stellt sich also die Frage, wie Geschlechterrollen in der Literatur repräsentiert werden und ob bzw. wie diese Repräsentationen auf die Vorstellungen von Geschlechteridentitäten und -beziehungen in der Gesellschaft rückwirken. Das zeigt bereits, dass es vordergründig nicht um eine Analyse von Geschlechterdarstellungen in literarischen Werken gehen kann, sondern dass die sozialen, politischen und kulturellen Kontexte, die diese Darstellungen prägen und von ihnen beeinflusst werden, zum Untersuchungsgegenstand werden müssen, um eine kritische Reflexion von Geschlechterstereotypen, -normen und -ungleichheiten in der Gesellschaft zu leisten.

Zum Programm der Lehrveranstaltung gehört eine kurze historische Einführung in die Entwicklung der Analysekategorie der lyrischen Sprechinstanz und die Analyse literarischer Werke unter der oben festgelegten Prämisse. Zentral ist dabei die Frage nach dem Potenzial, das die Untersuchung der lyrischen Sprechinstanz für die Dekonstruktion von binären Geschlechterkategorien und heteronormativen Vorstellungen von Sexualität und Beziehungen birgt.

Am Textkorpus ist in angeleiteten Lektüren und Podien zu zeigen, welche Identitäten und Erfahrungen dargestellt und wie vielfältige Perspektiven und Stimmen in der Literatur hörbar gemacht werden. Das Äußerungssubjekt ist das Ergebnis performativer Handlungen, zu der zu vermittelnden Analysekompetenz gehören neben der formalen Analyse mithin ganz explizit Fragen der Wirkungs- und der Rezeptionsästhetik und die Kritik literarischer Kanonbildung im Rahmen der wissenschaftlichen Debatte.

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Beurteilt werden selbstständige mündliche und schriftliche Beiträge zur Primär- und Sekundärliteratur.

 

Literatur

Primärtexte:
Gedichten folgender Autor*innen stehen zur Wahl: Annette von Droste-Hülshoff, Heinrich Heine, Betty Paoli, Eduard Mörike, Ada Christen, Rainer Maria Rilke, Stefan George, Hugo von Hofmannsthal, Mascha Kaléko, Else Lasker-Schüler, Ingeborg Bachmann, Hertha Kräftner, Julian Schutting, Christine Lavant, Nora Gomringer, Tina Stroheker, Brigitta Falkner, Monika Rinck, Ann Cotten, Emily Dickinson, Sylvia Plath und Marieke Lucas Rijneveld

Sekundärliteratur (wird ergänzt):
Anna Bers: Nachwort. In: Frauen | Lyrik. Gedichte in deutscher Sprache. Stuttgart: Reclam 2020, S. 793ff.

 

Prüfungsstoff

siehe oben

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Für einen positiven Abschluss müssen die folgenden drei Teilleistungen erbracht werden:
• Aktive Teilnahme an den Sitzungen: (Präsentation eines Lektüreberichts, Teilnahme an Seminardiskussionen und Gruppenarbeiten) (20%)
• Mitgestaltung einer Podiumsdiskussion als Expert*in (20%)
• Abfassen einer wissenschaftlichen Arbeit (ca. 20 Seiten Haupttext) nach den Standards guter wissenschaftlicher Praxis (60%)