Wolfgang Bauers Theaterstücke und ihre internationale Kontextualisierung
170069 UE 2011W
Vortragende der Germanistik:
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
Der österreichische Dramatiker Wolfgang Bauer (1941-2005) orientierte sich seit jeher an Theater- und literarische Traditionen, die außerhalb des deutschsprachigen Raums bzw. Österreichs zu finden waren. Das Frühwerk knüpft an das Theater des Absurden von Ionesco, Adamov etc. an, und Stücke wie Party for Six (1963) und Magic Afternoon (1968) entstanden zeitgleich mit Andy Warhols superrealistischen Filmen wie Kitchen (1965) oder Flesh (1967), zu denen sich verblüffende Parallelen finden und deren Einfluss Bauer auch in Interviews bestätigt. Seine erfolgreichsten Stücke aus dieser superrealistischer Schaffensphase (Magic Afternoon, Change [1969], Gespenster [1973]) wurden hingegen von der deutschsprachigen Rezeption in die Tradition des "Neuen Volksstückes" eingereiht, zu deren führenden Vertretern er seither zählte. "Die Zuseher und Kritiker schafften sich mit diesem Urteil eine Basis, um darüber reden zu können", so Bauer, dessen überragender Erfolg zu Beginn der 1970er Jahre demnach auf einem Fehlurteil beruht.
Ab Magnetküsse (1976) wandte sich Bauer schließlich vom Realismus ab und verfasste fortan Stücke, die oberflächlich betrachtet von trivialem Witz geprägt sind, sich in ihrer Tiefenstruktur jedoch komplexer philosophischer Themen annehmen und in ihrer Struktur als "Mindbender" bezeichnet werden können, was einerseits an Dramatiker wie Luigi Pirandello erinnert, andererseits jedoch mit diesen Theaterstücken ein spezifisches Genre im U.S.-amerikanischen Film vorwegnimmt, das in den späten 1990er Jahren durch Regisseure wie David Lynch (Lost Highway, Mulholland Drive) David Fincher (Fight Club), Charlie Kaufman (Being John Malkovich) oder Christopher Nolan (Memento, Inception) populär werden sollte. In Anbetracht dessen verwundert es nicht, dass Bauer ab den späten 1970er Jahren in den USA (unter anderem durch häufige Aufführungen am Magic Theatre in San Francisco) rege rezipiert wurde, wohingegen in Österreich und Deutschland sein Erfolg zusehends schwand.
In der Lehrveranstaltung werden einerseits ausgewählte Stücke Bauers mit international bedeutenden Theaterstücken, Filmen und Prosawerken (vor allem außerhalb des deutschsprachigen Raums) verglichen, um das Werk Bauers in einem globalen Kontext verorten zu können. Andererseits soll durch eine kritische Analyse die unterschiedliche Rezeptionsgeschichte der Stücke Bauers im deutschsprachigen und im angloamerikanischen Raum erörtert werden.
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
Kontinuierliche Mitarbeit, Diskussionsbeteiligung und Anwesenheit (maximal drei Absenzen);
Teamarbeit (Präsentation von themenorientierten Rechercheergebnissen, Präsentationstechnik [Handout]);
Zwei kurze schriftliche Arbeiten;
Literatur
Eine Literatur- und Filmliste wird in der ersten LV-Einheit ausgegeben. Aufgrund einer Vielzahl an englischsprachigen Stücken und Filmen (zum Teil ohne Untertitel) sind gute Englischkenntnisse erforderlich.
Prüfungsstoff
Theoretische Einleitung des Lehrveranstaltungsleiters; Aneignung der im Literaturverzeichnis genannten Primärwerke mittels Videomittschnitten von Aufführungen, Textlektüre, Sekundärliteratur; eigenständige Recherchearbeit; Diskussion;
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
* Kenntnis über die wichtigsten Theaterstücke Wolfgang Bauers sowie bedeutender Werke unterschiedlichster Gattungen und Epochen, die inhaltlich und/oder formalästhetisch Bezugspunkte zu den Stücken Bauers aufweisen (Absurdes Theater, Pop, superrealistische Filme Andy Warhols, Mindbender etc.).
* Förderung des eigenständigen wissenschaftlichen Arbeitens und der Fähigkeit, Urteile von Kritiker/inne/n bzw. festgeschriebene wissenschaftliche Meinungen zu hinterfragen.
* Stärkung im Bereich der Aufbereitung und Präsentation von erworbenem Wissen
Abkürzungen: ÄdL: Ältere deutsche Sprache und Literatur – DaF/Z: Deutsch als Fremd- und Zweitsprache – FD: Fachdidaktik Deutsch – NdL: Neuere deutsche Literatur – SpraWi: Sprachwissenschaft