Vorlesungs­verzeichnis

Sozialgesch.d. Lit. (PS): Literarische Kooperationen

135052 PS 2021W

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Moodle

Vortragende der Germanistik:

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die Lehrveranstaltung zielt darauf ab, die geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Facetten geschlechterübergreifender literarischer Zu-, Mit- und Zusammenarbeit in Deutschland und England herauszuarbeiten, um die sich wandelnde Bedeutung des Verhältnisses zwischen den Geschlechtern für das Schreiben vom 18. bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts bewusst zu machen. So waren etwa Schriftstellerinnen des 18. Jahrhunderts noch weitgehend darauf angewiesen, dass ihnen nahestehende Männer Bildungsmöglichkeiten eröffneten, eine Art Mentorenfunktion übernahmen und den Kontakt zu Verlegern herstellten, damit sie ihre Texte überhaupt publizieren konnten. Befreundete oder verwandte Autoren traten auch im 19. Jahrhundert als Herausgeber auf und / oder verfassten Anmerkungen bzw. Vorwörter zu Texten von Frauen. Außerdem kam es von männlicher Seite bis ins 20. Jh. bisweilen zu (u. U. problematischen) Texteingriffen sowie einer (positiven wie negativen) Beeinflussung der Rezeption weiblichen Schaffens, da männliche Werturteile im Rahmen des patriarchalen Literaturmarkts prägend blieben. Frauen wiederum übernahmen für Autoren in ihrem Umfeld sehr oft umfangreiche Sekretariatsarbeiten, fertigten Reinschriften und Kopien sowie Übersetzungen an oder stellten eigene Texte, Briefe und Tagebücher für Publikationen unter dem Namen des Mannes bzw. als Grundlage weiterer männlicher Literaturproduktion zur Verfügung.

Nach einer Vorbesprechung und allgemeinen Einführung in die sozial- und literaturgeschichtlichen Gegebenheiten vom 18. bis zum 20. Jh. in Deutschland und England sollen die beschriebenen Rahmenbedingungen am Beispiel der folgenden Autorinnen und Autoren illustriert werden:
Im Rahmen der AUFKLÄRUNG werden wir uns mit Luise Gottscheds Zuarbeit zur „Deutschen Schaubühne“ (1741-45) ihres Mannes Johann Christoph beschäftigen, insbesondere mit mit ihrem Trauerspiel „Panthea“ (1745), dann mit Sophie von La Roches „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“ (1771), die von Christoph Martin Wieland mit einer „Vorrede des Herausgebers“ und Anmerkungen versehen wurde, außerdem mit Henry Fieldings ähnlich gelagerter Mitarbeit an der 2. Ausgabe des Romans „The Adventures of David Simple“ (1744) seiner Schwester Sarah.
In der Folge wenden wir uns der ROMANTIK zu, wo uns Caroline Schlegels Anteil an der Shakespeare-Übersetzung (1797-1810) ihres Mannes August Wilhelm sowie dessen Aufsatz „Über Shakespeares Romeo und Julia“ (1797) ebenso interessieren wird wie die Bedeutung des „Grasmere Journals“ (1800-03) von Dorothy Wordsworth für einzelne Gedichte ihres Bruders William, die Zusammenarbeit von Karoline Günderrode und Georg Friedrich Creuzer am Lyrikband „Melete“ (1806, posthum 1906 publiziert) oder Percy Shelleys „Preface“ zum Debütroman „Frankenstein“ (1818) seiner Frau Mary Shelley, das wir mit deren „Author’s Introduction“ (1831) vergleichen wollen.
Abschließend sollen in Bezug auf das ausgehende 19. JAHRHUNDERT noch Dante Gabriel Rossettis Bedeutung für die Entstehung des Gedichts „The Prince’s Progress“ (1866) seiner Schwester Christina sowie Friedrich Nietzsches „Hymnus an das Leben“ (1887), eine Überarbeitung und Vertonung von Lou Andreas-Salomés „Lebensgebet“ (1880 entstanden), auf dem Programm stehen, in Bezug auf das frühe 20. JAHRHUNDERT außerdem die Zusammenarbeit zwischen Bert Brecht und Elisabeth Hauptmann, hier mit besonderem Fokus auf Brechts Songspiel „Mahagonny“ (1927).

Methodisch wird den meisten Einheiten gemeinsam sein, dass es zunächst einen einleitenden Vortrag der LV-Leiterin gibt, auf den eine Beschäftigung mit den jeweiligen Pflichtlektüretexten (Ausschnitte aus den oben aufgelisteten Werken / ca. 10 Seiten pro Einheit) folgt. Diese sollen in Kleingruppen analysiert und diskutiert werden, wobei jene Studierenden, die sich schwerpunktmäßig mit dem jeweiligen Thema beschäftigen, die Diskussionen leiten und anschließend die Ergebnisse in einem kurzen schriftlichen Dokument auf Moodle zur Verfügung stellen sollen.

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Folgende Teilprüfungsleistungen müssen für eine positive Gesamtnote erbracht werden:
- regelmäßige Mitarbeit
- wöchentliche Abgabe eines schriftlichen Lektüreprotokolls zur jeweiligen Pflichtlektüre vor Beginn der Einheit
- (mit der LV-Leiterin vorbesprochene) Diskussionsleitung zu einem Text der Pflichtlektüre
- regelmäßige Beteiligung an den Diskussionen in Kleingruppen
- selbständiges Verfassen einer wissenschaftliche Hausarbeit (15 Seiten) bis 31.03.2022
(Aktualisierung am 03.12.2021)

 

Literatur

Andreas-Salomé, Lou: Hymnus an das Leben. In: Janz, Curt Paul (Hg.): Friedrich Nietzsche. Der musikalische Nachlaß. Hg. im Auftr. d. Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft v. Curt Paul Janz. Basel: Bärenreiter 1976, S. 153-163.
dies.: Lebensgebet. In: dies.: Lebensrückblick. Grundriss einiger Lebenserinnerungen. Aus d. Nachlass hg. v. Ernst Pfeiffer. Neu durchges. Ausg. mit einem Nachw. d. Hg. (Insel-Taschenbuch, 54). Frankfurt/M. (u.a.): Insel 1989, S. 40.
Becker-Cantarino, Barbara (Hg.): Die Frau von der Reformation zur Romantik. Die Situation der Frau vor dem Hintergrund der Literatur- und Sozialgeschichte. 2. Aufl. Bonn: Bouvier Verl. Herbert Grundmann 1985.
Brecht, Bertholt: Mahagonny. Songspiel. In: ders.: Werke. Große kommentierte Berliner u. Frankfurter Ausg. Hg. v. Werner Hecht (u.a.). Stücke. 2. Berlin: Aufbau; Frankfurt/M: Suhrkamp 1988, S. 323-330.
Brinker-Gabler, Gisela (Hg.): Deutsche Literatur von Frauen. Bd. 2. 19. und 20. Jahrhundert. München: Beck 1988.
Fielding, Sarah: The adventures of David Simple: containing an account of his travels through the cities of London and Westminster in the search of a real friend. Ed. with an introd. by Malcolm Kelsall. London (u.a.): Oxford Univ. Press 1969.
Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Panthea. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen. In: Gottsched, Johann Christoph: Die deutsche Schaubühne. Bd. 5. Mit e. Nachw. v. Horst Steinmetz. Stuttgart: Metzler 1972, S. 41-66.
Günderrode, Karoline von: Melete. In: dies.: Sämtliche Werke und ausgewählte Studien. Hg. v. Walter Morgenthaler. Histor.-krit. Ausg. Bd. 1. Texte. Basel (u.a.): Stroemfeld, Roter Stern 1990.
La Roche, Sophie von: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Hg. v. Barbara Becker-Cantarino. Stuttgart: Reclam 2006.
Rossetti, Christina Georgina: The Prince’s Progress. In: dies.: Goblin Market, the Prince’s Progress and other Poems. (The world’s classics, 184). London (u.a.): Oxford Univ. Pr. 1913, S. 109-128.
Schabert, Ina: Englische Literaturgeschichte. Eine neue Darstellung aus der Sicht der Geschlechterforschung. (Kröners Taschenausgabe, 387). Stuttgart: Kröner 1997.
Schlegel-Schelling, Caroline: Die Kunst zu leben. Hg. u. mit einem Essay versehen v. Sigrid Damm. Frankfurt/M., Leipzig: Insel 1997.
Schlegel, August Wilhelm: Über Shakespeares Romeo und Julia. In: ders.: Kritische Schriften. Ausgewählt, eingeleitet u. erörtert v. Emil Staiger. Zürich, Stuttgart: Artemis 1962, S. 92-113.
Shelley, Mary: Frankenstein or The Modern Prometheus. Ed. with an introd. and notes by Maurice Hindle. Rev. ed. London (u.a.): Penguin 1992.
Wordsworth, Dorothy: Journals of Dorothy Wordsworth. Ed. by E. de Sèlincourt. London: MacMillan 1959.
Wordsworth, William: The poetical works of William Wordsworth. Poems founded on the affections. Poems on the naming of places. Poems of the fancy. Poems of the imagination. Ed. from the manuscripts with textual and critical notes by E. de Selincourt and Helen Darbishire. Oxford: Clarendon Press 1944.
(Aktualisierung am 03.12.2021)

 

Prüfungsstoff

regelmäßige Teilnahme (2x unentschuldigtes Fehlen ist gestattet, Ersatzleitungen sind nach Vereinbarung zu erbringen), Lektüreprotokoll zur Pflichtlektüre, Diskussionsleitung, Diskussionsbeteiligung, wissenschaftliche Hausarbeit
(Aktualisierung am 03.12.2021)

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Neben guten Englischkenntnissen wird die Bereitschaft vorausgesetzt, sich auf Fragestellungen aus dem Bereich der Gender Studies einzulassen!

Maßgeblich für die Benotung sind folgende Punkte:
- Mitarbeit (14 Punkte)
- Pflichttexte: fristgerechte Abgabe eines Lektüreprotokolls und Beteiligung an den Diskussionen (30 P.)
- Vorbereitung von Diskussionsfragen und deren Vorbesprechung mit der LV-Leiterin (6 P.)
- Diskussionsleitung (10 P.)
- fristgerechte Abgabe einer wissenschaftlichen Hausarbeit zu einem der im Proseminar behandelten Schwerpunktthemen im Umfang von 15 Seiten (per E-Mail) (40 P.)

Notenschlüssel: sehr gut: 100-87 P., gut: 86-75 P., befriedigend: 74-63 P., genügend: 62-51 P., nicht genügend: 50-0 P.
(Aktualisierung am 03.12.2021)