Vorlesungs­verzeichnis

M5-PS: Der Bildungsroman

135051 PS 2022W

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Vortragende der Germanistik:

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Die Wortkomposition Bildungsroman, deren erster Teil auf die Aneignung von Wissen bzw. Erfahrung verweist, steht für eine Gattung, die sich im Zuge der Säkularisierung eines ursprünglich theologischen Bildungsbegriffes ausbildete. Im 18. Jahrhundert nahm der Bildungsgedanke individualistische Züge an, die nicht länger auf heilsgeschichtlichen Vorstellungen beruhten. Doch an der Schwelle von der ersten zur zweiten Jahrhunderthälfte setzte sich ebenso ein Wandel in Gang, der die Bedeutung von Bildung unterschiedlich definierte. Bezogen auf die deutsche Begriffsgenese, bleibt mit Selbmann festzuhalten, dass, während für die „Aufklärungszeit ‚Bildung‘ die Ausbildung der rationalen Fähigkeiten des Menschen“ bedeutete, der „Begriff“ bei Johann Gottfried Herder „weitere Bedeutungsvertiefungen“ erfuhr. Sein „humanitätsphilosophische[s]“ Begriffsverständnis zeichnet sich durch eine „Betonung der Individualität des Bildungssubjekts und der Zielgerichtetheit des Bildungsprozesses“ aus. Mit diesem erweiterten Verständnis ging ein „umfassender Wandel des Menschenbilds einher“, so dass für die „deutsche Klassik“ der „Bildungsbegriff zur zentralen Kategorie ihres Weltdeutungsmodells“ wurde. Das Goethe’sche Bildungskonzept „betonte besonders die Ganzheits- und Harmonievorstellungen“ (Selbmann: 1994, S. 2 u. 3). Auch in der Folge durchlief der Begriff vielfältige Erweiterungen und Veränderungen.

Im Zentrum der Beschäftigung mit dem Bildungsroman/der ‚novel of education‘ soll die komparatistische Frage stehen, welche unterschiedlichen theoretischen bzw. sozialgeschichtlichen Voraussetzungen den jeweiligen Werken zugrunde lagen. Die Beschäftigung mit dieser Gattung führt von Goethes "Wilhelm Meisters Lehrjahre", Wielands "Geschichte des Agathon" oder Dickens' "Great Expectations" über J.D. Salingers "Catcher in the Rye" und Harper Lees "To Kill a Mockingbird" bis hin zu Handkes "Der kurze Brief zum langen Abschied" und David Mitchells "Black Swan Green".

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

1. Regelmäßige Mitarbeit
2. Schriftliche Übungsaufgaben
3. Präsentation (ca. 15–20 Min.)
4. Proseminararbeit (15 Seiten an Haupttext)

 

Literatur

Vorschläge (in Auswahl)

– Buckley, Jerome H.: Season of youth. The bildungsroman from Dickens to Golding. Cambridge, MA: Harvard UP 1974.

– Elm, Theo: Die Fiktion des Entwicklungsromans. Zur Erzählstrategie in Peter Handkes Roman "Der kurze Brief zum langen Abschied". In: Poetica 6 (1974), S. 353–377.

– Esselborn-Krumbiegel, Helga: Der „Held“ im Roman. Formen des deutschen Entwicklungsromans im frühen 20. Jahrhundert. Diss. Köln 1980. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1983.

– Jacobs, Jürgen: Wieland und der Entwicklungsroman des 18. Jahrhunderts. In: Handbuch des deutschen Romans. Hg. von Helmut Koopmann. Düsseldorf: Bagel 1983, S. 170–183.

– Ketelsen, Uwe-K.: Adalbert Stifter: "Der Nachsommer". In: Romane des 19. Jahrhunderts. Stuttgart: Reclam 1992, S. 321–349.

– Kittler, Friedrich A.: Über die Sozialisation Wilhelm Meisters. In: Dichtung als Sozialisationsspiel. Studien zu Goethe und Gottfried Keller. Hg. von Gerhard Kaiser und Friedrich A. Kittler. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1978, S. 13–124.

– Kleinschmidt, Erich: Fiktion und Identifikation. Zur Ästhetik der Leserrolle im deutschen Roman zwischen 1750 und 1780. In: DVjs 53 (1979). S. 49–73.

– Piechotta, Hans J. (Hg.): Reise und Utopie. Zur Literatur der Spätaufklärung. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1976.

– Selbmann, Rolf: Der deutsche Bildungsroman. 2., überarb. und erw. Aufl. Stuttgart [u.a.]: Metzler 1994.

– Tiefenbacher, Herbert: Textstrukturen des Entwicklungs- und Bildungsromans. Zur Handlungs- und Erzählstruktur ausgewählter Romane zwischen Naturalismus und Erstem Weltkrieg. Diss. Basel 1981. Königstein/Ts.: Athenäum 1982.

– Ware, Michele S.: „Just a lady“. Gender and power in Harper Lee’s "To Kill a Mockingbird". In: Women in literature: Reading through the lens of gender. Hg. von Jerilyn Fisher und Ellen S. Silber. Westport, CT [u.a.]: Greenwood 2003, S. 286–288.

 

Prüfungsstoff

Siehe Pkt. zur Leistungskontrolle

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Mindestumfang der Proseminararbeit: 15 Seiten Haupttext

Kursnote – Gewichtung d. Leistungskontrolle:
1. Pkt. (10 %)
2. Pkt. (10 %)
3. Pkt. (20 %)
4. Pkt. (60 %)