Einführung in die Literaturwissenschaft: Nikolaus Lenau
100238 EU 2019S
Vortragende:
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
In dieser Einführung in das Germanistikstudium werden die Grundlagen des philologischen und wissenschaftlichen Arbeitens vermittelt. Neben der Analyse lyrischer, epischer und dramatischer Texte steht die Orientierung im akademischen Feld im Vordergrund.
Zum Inhaltlichen: Die Annäherung an Nikolaus Lenau erfolgt ausgehend von der Bemerkung Ludwig Wittgensteins, dass "das gute Österreichische (Grillparzer, Lenau, Bruckner, Labor) […] besonders schwer zu verstehen" sei. Zur Frage steht, in welchem Sinne Lenaus Werk "subtiler als alles andere, und seine Wahrheit [...] nie auf Seiten der Wahrscheinlichkeit" ist und wie es als solches innerhalb der österreichischen Literatur- und Kulturgeschichte zu verorten ist. Der Weg zur Antwort führt weg vom traditionellen Denken in Strömungen (Klassik, Romantik, Expressionismus), Gattungen (was ist ein 'dramatisches Versepos'?), Stoffen (wieviel Don Juan steckt in Faust?), Biografien ('die biografische Illusion'), Religionen (die Albigenser und Savonarola vs. die Amtskirche) oder Nationalismen ('das gute Österreichische' stammte aus Csatád) – hin zum Aufzeigen der Ambiguität von Literatur und zu einem reflektierten Umgang mit unseren spannendsten Textzeugnissen.
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
Der erfolgreiche Abschluss der Übung hängt von folgenden Teilleistungen ab: regelmäßige Mitarbeit im Plenum und in Kleingruppen; vorbereitende Lektüre; kürzere Arbeitsaufträge; schriftlicher Zwischentest; schriftlicher Abschlusstest.
Literatur
Pflichtlektüre:
- Nikolaus Lenau: Faust (1836)
- Franz Grillparzer: König Ottokars Glück und Ende (1825) (idealerweise Besuch der Aufführung im Wiener Volkstheater)
- Peter Härtling: Niembsch oder der Stillstand. Eine Suite (1964)
- Sabine Becker, Christine Hummel, Gabriel Sander: Grundkurs Literaturwissenschaft. Stuttgart: Reclam 2006.Weiterführende Literatur:
- Wynfrid Kriegleder: Nikolaus Lenaus Albigenser oder: Wozu dichten in dürftiger Zeit? In: Roxana Nuber (Hg.): Temeswarer Beiträge zur Germanistik. Temeswar: Mirton 2003, 67–86.
- Nikolaus Lenau: Werke und Briefe. Historisch-kritische Gesamtausgabe. Hg. von Helmut Brandt u. a. Wien 1989ff.
- Antal Mádl/Anton Schwob (Hg.): Vergleichende Literaturforschung. Internationale Lenau-Gesellschaft 1964 bis 1984. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1984.
- Manfred Mittermayer: "Aus meinem Totenhaus". Nikolaus Lenaus Faustfigur. In: Peter Csobádi u.a. (Hg.): Europäische Mythen der Neuzeit: Faust und Don Juan. Gesammelte Vorträge des Salzburger Symposions 1992. Anif/Salzburg: Müller 1993, 451–460.
- Wolfgang Müller-Funk: "Die Wege der Freiheit sind sehr rauh, das Loch im Kopf aber ist sehr gut." Nikolaus Lenau in Amerika. Samt einem kurzen Kommentar zu Ferdinand Kürnbergers 'Der Amerikamüde'. In: ders.: Komplex Österreich. Fragmente zu einer Geschichte der modernen österreichischen Literatur. Wien: Sonderzahl 2009, 81–91.
- Beatrix Müller-Kampel: Lenaus Leben als literargeschichtliche Erinnerungsfigur. Am Beispiel deutschsprachiger Literaturgeschichten vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. In: Lenau-Jahrbuch 29/30 (2003/2004), 25–86.
- Beatrix Müller-Kampel: Lenaus Don Juan. Genese, Geschichte und Konzept im Kontext der Stofftradition. In: Hans-Joachim Jürgens (Hg.): Don Juan – Spuren des Verführers. Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2008 (= Schriften zur Kulturwissenschaft 73), 51–76.
- Hansgeorg Schmidt-Bergmann: Nikolaus Lenau. Zwischen Romantik und Moderne. Wien: Praesens 2003.
- Stefan Simonek: Zur Rezeption von Nikolaus Lenau in den slawischen Literaturen Mitteleuropas um 1900. In: Lenau-Jahrbuch 29/30 (2003/04), 109–138.
- Francesca Spadini: Lenau und Italien, Italien und Lenau. 'Savonarola'. In: Lenau-Jahrbuch 29/30 (2003/2004), 189–208.
- Margarete Wagner: Das Motiv der ungarischen Zigeunermusik in Nikolaus Lenaus Lyrik. In: Joanna Firaza/Malgorzata Kubisiak (Hg.): Dialog der Künste: Literatur und Musik (im Erscheinen).
- Karin S. Wozonig: Die Schwester Lenaus? Betty Paoli und der Weltschmerz. In: Mary Cosgrove/Anna Richards (Hg.): Edinburgh German Yearbook, Bd. 6: Sadness and Melancholy in German Literature and Culture. Rochester, N. Y.: Camden House 2012, 71–94.
Prüfungsstoff
Der Prüfungsstoff ergibt sich aus den in der Übung aufgezeigten philologischen und wissenschaftlichen Arbeitsweisen.
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
In der EU Einführung in die Literaturwissenschaft
- sollen methodische Grundlagen sowie das dazugehörige literaturwissenschaftliche Begriffsinventar erarbeitet und angewendet werden, um eine Benennung, Beschreibung und Analyse literarischer Texte zu ermöglichen,
- literarische Texte intensiv gelesen und nach literaturwissenschaftlichen Kategorien beschrieben und analysiert werden,
- Sensibilität und Problembewusstsein im Umgang mit literarischen Texten gefördert werden, um einen selbständigen, reflektierten und kritischen Umgang mit literarischen Texten zu ermöglichen,
- Grundkenntnisse in der Editionswissenschaft vermittelt und Fertigkeiten im Umgang mit wissenschaftlichen Ausgaben eingeübt werden,
- Kenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitens / Schreibens in der Literaturwissenschaft vermittelt und an konkreten Aufgabenstellungen praktisch erprobt werden,
- Bewusstsein für eine Ethik des wissenschaftlichen Handelns (Stichwort: Plagiat!) geschaffen werden.
Abkürzungen: ÄdL: Ältere deutsche Sprache und Literatur – DaF/Z: Deutsch als Fremd- und Zweitsprache – FD: Fachdidaktik Deutsch – NdL: Neuere deutsche Literatur – SpraWi: Sprachwissenschaft