NdL: Literaturpreise und Kanonisierungsprozesse
Der Österreichische Staatspreis für Literatur in den 1950er Jahren
100231 PS 2023S
Vortragende:
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
Der Österreichische Staatspreis für Literatur wurde 1950 neu begründet und wird bis heute vergeben. Die Einrichtung einer staatlich organisierten Kunstförderung ist nach dem Zweiten Weltkrieg untrennbar mit der Formierung einer “neuen” österreichischen Identität verknüpft. Zielte der Große Österreichische Staatspreis darauf ab, das Gesamtwerk von Künstler*innen auszuzeichnen, die nach Ansicht der Jury “das österreichische Kulturgut bereichert haben”, so widmete sich der Förderungspreis der Suche nach literarischen Talenten.
Beide Literaturpreise sind Teil von komplexen Kanonisierungsprozessen, die in der Forschung auch als Phänomen der “invisible hand” (Simone Winko) bezeichnet werden. Im Proseminar beschäftigen wir uns mit einer Auswahl an Texten, die in den 1950er Jahren in den fünf jährlich abwechselnd ausgeschriebenen Gattungen (Lyrik, Roman, Prosa, Drama, Hörspiel) für den Förderungspreis eingesendet wurden. Dazu zählten u.a. Lyrik von Christine Busta, Wilhelm Szabo, Hermann Hakel oder Christine Lavant, Romane von Gerhard Fritsch, Oskar Jan Tauschinski und Hannelore Valencak, Dramen von Hans Friedrich Kühnelt, Kurt Becsi und Franz Hiesel, Erzählungen von Marlen Haushofer, Jeannie Ebner oder Friederike Mayröcker sowie Hörspiele von Michaela Moon und Vera Ferra-Mikura.Im Proseminar werden die Vergabepraxen zusammen mit den maßgeblichen Kriterien einzelner Jurymitglieder exemplarisch untersucht. Nach einem ersten Überblick zu den literaturgeschichtlichen Zusammenhängen setzen wir uns anhand von Archivmaterialien mit den Gutachten ausgewählter Jurymitglieder auseinander (u.a. Christine Busta, Rudolf Henz, Werner Riemerschmid, Ernst Schönwiese, Viktor Suchy).Der Blick wird sowohl auf Autor*innen gerichtet, die heute in der Literaturgeschichte etabliert, als auch auf solche, die mittlerweile in Vergessenheit geraten sind. In der Lehrveranstaltung werden außerdem die Mechanismen der Kanonisierung in ihren vielfältigen Aspekten diskutiert und anhand von ausgewählten theoretischen Texten – aus postkolonialer und feministischer Perspektive – kritisch analysiert. Ziel der Lehrveranstaltung ist es, grundlegende Kenntnisse zum österreichischen Literaturbetrieb der 1950er Jahre zu vermitteln sowie die Studierenden zur Reflexion von literarischer Wertung und literaturgeschichtlichen Kanonisierungsprozessen anzuregen. Auch die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens und die Recherche in Archiven sind wichtige Inhalte der Lehrveranstaltung.
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
- Lektüre literarischer und theoretischer Texte, kontinuierliche Mitarbeit und Beteiligung an der Diskussion;
- Gruppenpräsentation samt Vorbesprechung eine Woche vorher und Erstellung eines Thesenblattes zum Referat;
- Exposé zur PS-Arbeit inkl. vorläufiger Literaturliste, PS-Arbeit (15 Seiten Haupttext);
- kleinere schriftliche Beiträge (1 Lektüre-Protokoll, 1 Kurz-Rezension);
Literatur
Obligatorisch ist die Lektüre / die Diskussion grundlegender theoretischer und literarischer Texte. Diese werden zu Beginn des Semesters zur Verfügung gestellt bzw. bekannt gegeben. Die Auswahl der Referatsthemen erfolgt gemeinsam in den ersten Lehrveranstaltungen.
Prüfungsstoff
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen aus dem Angebot der SPL10 sind grundsätzlich anwesenheitspflichtig.
Durch die verpflichtenden Teilleistungen können insgesamt 100 Punkte erreicht werden;- PS-Arbeit (50),
- Referat und Thesenblatt (30),
- Kurz-Rezension zu einem literarischen Werk sowie 1 Lektüre-Protokoll (20).Für einen positiven Semesterabschluss sind 55 Punkte erforderlich, von denen mindestens 30 aus der PS-Arbeit stammen müssen.
Abkürzungen: ÄdL: Ältere deutsche Sprache und Literatur – DaF/Z: Deutsch als Fremd- und Zweitsprache – FD: Fachdidaktik Deutsch – NdL: Neuere deutsche Literatur – SpraWi: Sprachwissenschaft