Vorlesungs­verzeichnis

DaF/Z: Normativität im Spannungsfeld Heterogenität, Sprache(n), Bildung

100193 SE 2023S

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Moodle

Vortragende:

ACHTUNG Terminverlegung: Der Termin am Donnerstag 29.06.2023 16:45 - 20:00 wird verlegt auf Montag, 22.05.2023, 14:00-19:10. Die Studierenden nehmen an Vortrag und Workshop der Veranstaltung "Schule ist keine Insel. Handlungsfelder für die diskriminierungskritische Schule" teil. Ort: Arbeiterkammer Wien / Bildungsgebäude, Theresianumgasse 16-18, 1040 Wien

 

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Vorstellungen von Normativität und Normativitätszuschreibungen beschreiben DaZ/DaF - besonders in pädagogischen Kontexten von der Elementarstufe bis zur Erwachsenenbildung: Auf welchem Niveau müssen Lernende wann welches Sprachniveau beherrschen? Welche Sprachhandlungen müssen Lerner*innen im Rahmen von Zertifikationen können? Aber auch anders gefragt: "Muss ich immer alles müssen, was ich kann?", fragten sich schon "Wir sind Helden" auf ihrem Debütalbum "Die Reklamation" (2003).

Ausgehend von Migrationssprachen als L1 der Lerner*innen beschäftigen uns die Fragen: Welche Sprache(n) spricht jemand und – mit Bourdieu (1975, 1977, 1979, 1980): Was heißt sprechen und welche Position im sozialen Raum nehme ich ein mit meiner Sprache? Was bedeutet es, mehrsprachig zu sein und unter welchen Bedingungen lerne ich (schulisch) DaZ, wenn ich mit einer anderen L1 (bilingual oder mit bestimmter Kontaktdauer) aufgewachsen bin? Welche Interlanguage-Phänomene tauchen bei Lerner*innen mit einer bestimmten L1 häufig auf und was sind ggf. die sprachenindividuellen Herausforderungen bei der Aneignung von DaZ?

Ausgehend von dem für das Seminar bewusst gewählten Fachbuch Dirim, İ., & Mecheril, P. (2018). Heterogenität, Sprache(n), Bildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag als Hauptlektüre gehen wir in dem Seminar folgenden Fragen aus einer gesellschafts- und machttheoretischen Perspektive (Foucault, 1975/1994) auf die Spur: Wie lässt sich das Spannungsverhältnis zwischen Sprach(en)normen, sprachlichen Bildungszielen und dem gesellschaftlichen Sprach(en)wandel sowie den individuellen Sprach(en)repertoires beschreiben? Was sind - national und international gesehen - gängige Modelle sprachlicher Bildung und unter welchen migrationsgesellschaftlichen und migrationspolitischen Perspektiven sind diese zu verorten? Wie lassen sich Tests und Sprachstandsprofilanalysen werten? Zum Verhältnis von Bildung und Sprache: Wie lässt sich das bildungspolitische Begehr nach Beherrschung von Bildungssprache bei gleichzeitigem Wirken eines mehrgliedrigen, hoch selektiven österreichischen Schulsystems und den wissenschaftlichen Kenntnissen zur Aneignungsdauer von CALP (Cummins, 2000) interpretieren?

Es zeigt sich gegenwärtig, dass verschiedene wissenschaftliche Sichtweisen auf Sprachigkeit und die Bedeutung von Zweitsprachaneignungsfaktoren (Jeuk, 2017) das Spannungsfeld dominieren. Sie legen z.B. im österreichischen Schulsystem die Vorstellung nahe, dass mehrsprachige Schüler*innen, die im Zuge von DaZ-Aneignung produktiv vier Stufen zentraler Satzmuster inklusive Verbendstellung im Nebensatz beherrschen (Grießhaber 2012, S.154) jeglichem Fachunterricht der Sekundarstufe folgen können. Im Rahmen des Seminars werden wir ableitend Forschungsergebnisse zur Beherrschung von syntaktischen Strukturen (norm)reflexiv auf die Vermittlungs- und Selektionsprozesse des Deutschen als Zweitsprache im institutionellen Kontext (MIKA-D und USB-DaZ) beziehen und darüber diskutieren.

Neben Ausführungen zu der Entwicklung des erziehungswissenschaftlichen Diskurses zu Heterogenität werden ferner ausgewählte Unterscheidungen (Differenzordnungen) erläutert sowie normative Bezugsgrößen – auch (schul-)pädagogischen Handelns – mit Bezug auf DaZ/DaF diskutiert.

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen aus dem Angebot der SPL10 sind grundsätzlich anwesenheitspflichtig.

- Schriftliches E-Portfolio (bestehend aus termingerecht abgegebenen und orthographisch einwandfrei abgegebenen Rechercheaufgaben, Lektürereflexionen) auf Moodle:
- Beteiligung in den Diskussionsphasen, Lesezirkel und bei Plenumsübungen
- Kurze Einzelreferate oder Gruppenreferate zu ausgewählten Themen.

Schriftliche Beiträge aller Lehrveranstaltungstypen der SPL 10 können einer automatischen Plagiatsprüfung unterzogen werden; dazu zählen insbesondere Arbeiten der Pro-, Bachelor- und Masterseminarstufe, aber auch Lehrveranstaltungsprüfungen (z.B. Vorlesungsprüfung) und Teilprüfungen (z.B. Zwischentest, 'Hausübungen').

Umfang der Abschlussarbeiten: Seminararbeiten 25 Seiten Haupttext - Sie verfassen termingerecht eine Seminararbeit mit explizit angeführter Forschungsfrage und explizit ausführlich dargelegter Forschungsmethode, bei der Sie einen direkten Bezug zur angebotenen Fachliteratur des Seminars herstellen. Darüberhinausgehender Bezug zu anderer Fachliteratur ist sehr wünschenswert. Als Leitthemen für Ihre Seminararbeit dienen Ihnen die Unterkapitel der Hauptlektüre des Seminars: Dirim, I., & Mecheril, P. et al (2018). Heterogenität, Sprache(n), Bildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag.

 

Literatur

Hauptlektüre:
Dirim, İ., & Mecheril, P. et al (2018). Heterogenität, Sprache(n), Bildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt Verlag.
Krifka, M et al (2014). Das mehrsprachige Klassenzimmer. Heidelberg: Springer
Mecheril, P. (Hrsg) (2016). Handbuch Migrationspädagogik. Weinheim: Beltz

Weiterführende Lektüre:
Bourdieu, P. (2017). Sprache. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (1979/1987). Die feinen Unterschiede. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Bourdieu, P. (2001). Wie die Kultur zum Bauern kommt. Hamburg: VSA Verlag.
Butler, J. (1997/2001). Psyche der Macht. Frankfurt am Main: Suhrkamp
Crul, M., Schnell, P., Herzog-Punzenberger, B., Wilmes, M., Slootman, M., & & Aparicio-Gomez, R. (2012). School careers of second-generation youth in Europe. In M. Crul, & J. &. Schneider, The European Second Generation Compared. Does the Integration Context Matter? (S. 99-177). Amsterdam: Amsterdam University Press.
Cummins, J. (2000). Language, Power and Pedagogy: Bilingual Children in the Crossfire. North York: Multilingual Matters.
Döll, M., Dirim, İ. (2011): Mehrsprachigkeit in der Sprachdiagnostik. In: Sara Fürstenau und Mechthild Gomolla (Hrsg.): Migration und Schulischer Wandel: Mehrsprachigkeit. Wiesbaden: VS Verlag.
Ehlich, K. (2005): Sprachaneignung und deren Feststellung bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. In: Anforderungen an Verfahren der regelmäßigen Sprachstandsfeststellung als Grundlage für die frühe und individuelle Förderung von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. (https://www.bmbf.de/pub/Bildungsforschung_Band_11.pdf)
Ehlich, K. (2012): Sprach(en)aneignung – mehr als Vokabeln und Sätze. Pro DaZ. Deutsch als Zweitsprache in allen Fächern.
Fend, H. (1980). Theorie der Schule. München: Urban Schwarzenberg
Fröhlich, L., Döll, M., Dirim, I. (2019): Unterrichtsbegleitende Sprachstandsbeobachtung Deutsch als Zweitsprache. BMBWF: Staatsverlag
Foucault, M. (1975/1994). Überwachen und Strafen. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Foucault, M. (1978). Dispositive der Macht. Berlin: Merve.
Gogolin, I. (1. Juni 2011). The Challenge of Super Diversity for Education in Europe. Abgerufen am 11.02.2023 von Education Inquiry: https://doi.org/10.3402/edui.v2i2.21976
Gogolin I., Neumann U. (Hrsg.) (2009) Streitfall Zweisprachigkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden.
Grießhaber, W. (2012). Die Profilanalyse. In: Ahrenholz, Bernt (Hrsg.): Einblicke in die Zweitspracherwerbsforschung und ihre methodischen Verfahren. Berlin, Boston: De Gruyter.
Hawlik, R. & Dirim, İ. (2022). Sprache als Differenzmerkmal: theoretische Zugänge für die Lehrer*innenbildung. In O. Ivanonva-Chessex, S. Shure, & A. Steinbach (Hrsg.), Lehrer*innenbildung – Re(Visionen) für die Migrationsgesellschaft. Weinheim: Beltz. S.186-223.
Hawlik, R. (2016). Monolingualität und Nation: Die Institution Schule in der Migrationsgesellschaft. In: Erziehung und Unterricht, Nov/Dez 11-12. öbv: Wien. S.917-921
Hawlik, R. & Lernhart, B. (2016). Migrationspädagogik in der PädagogInnenbildung NEU - Voraussetzung für kompetentes pädagogisches Handeln. In: Erziehung und Unterricht, Mai/Juni 5-6, S.440 - S.447
Herzog-Punzenberger, B. (2017). MIME Studie, Abgerufen am 01.02.2023 von https://wien.arbeiterkammer.at/interessenvertretung/bildung/Migration_und_Mehrsprachigkeit.html
Jeuk, Stefan (2017): Deutsch als Zweitsprache in der Schule. Grundlagen – Diagnose – Förderung. 4. Auflage. Stuttgart, Kohlhammer.
Löser, Jessica M. (2010). Der Umgang mit kultureller und sprachlicher Vielfalt an Schulen. Ein Vergleich zwischen Kanada, Schweden und Deutschland. Brandes: Frankfurt
Schwendemann, M., (2022) VARIABILITÄT ALS FAKTOR IN DER ZWEITSPRACHLICHEN ENTWICKLUNG SYNTAKTISCHER STRUKTUREN - TEILERGEBNISSE EINER LONGITUDINALEN EINZELFALLSTUDIE. In Korpora Deutsch als Fremdsprache 2(2), 63–92. doi: https://doi.org/10.48694/kordaf.3546

 

Prüfungsstoff

Alle Teilleistungen müssen positiv sein:
- Beteiligung in den Diskussionsphasen (konstruktive, fachliche Beiträge und Engagement bei der (Nach-)Besprechung der Teilaufgaben), Impulsstatement und Teilnahme in Diskussion beim Lesezirkel (letzter Termin)
- Termingerechte Abgabe der Teilaufgaben im E-Portfolio mit allen geforderten Inhalten und mit Bezug zur angebotenen Fachliteratur mittels Einbindung von Zitaten
- Kurze Einzelreferate oder Gruppenreferate
- Termingerechte Abgabe der Seminararbeit

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Es handelt sich um eine prüfungsimmanente Lehrveranstaltung, in der alle angebotene Fachliteratur und fachlicher Input praktisch umgesetzt werden sollen.
- Beteiligung in den Diskussionsphasen (konstruktive, fachliche Beiträge und Engagement bei der (Nach-)Besprechung der Teilaufgaben), Impulsstatement und Teilnahme in Diskussion beim Lesezirkel (letzter Termin): 20 Punkte
- Termingerechte Abgabe der Teilaufgaben im E-Portfolio mit allen geforderten Inhalten und mit Bezug zur angebotenen Fachliteratur mittels Einbindung von Zitaten: 30 Punkte
- Termingerechte Abgabe der Seminararbeit: 40 Punkte
- Kurze Einzelreferate oder Gruppenreferate zu ausgewählten Themen: 10 Punkte

Für eine positive Beurteilung der Lehrveranstaltung sind 60 Punkte erforderlich.
1 (sehr gut) 100-90 Punkte
2 (gut) 89-81 Punkte
3 (befriedigend) 80-71 Punkte

Abgabe- und somit Beurteilungstermine: 22.07, 22.08, 22.09.2023