Vorlesungs­verzeichnis

Masterseminar NdL: Psychische Apparate. Zur Literatur- und Mediengeschichte der Seele nach 1900

100172 SE 2022S

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Vortragende:

Die Einzeltermine finden (Stand Semesterbeginn) allesamt nur in Präsenz statt

 

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Wird im 19. Jahrhundert von der Seele gehandelt, dann immer häufiger im Sinne eines ‚Apparats‘, eines ‚Mechanismus‘ oder einer ‚Maschine‘. Für das Psychische liefern technische Instrumente offenbar in genau dem Maße Modelle oder Funktionsdiagramme, wie es in die Wirkungssphäre von Medien gerät – sei es unter Laborbedingungen, sei es in einem zusehends technisierten Alltag. Was deshalb die Wissenschaften von der Seele um 1900 explizit oder implizit betreiben, ist Medientheorie; die Literatur wiederum hat mit der Apparate-Metapher eine neue Möglichkeit, das Psychische und seine produktive oder destruktive Dynamik anzuschreiben; und das Kino wird von Anbeginn als Psychotechnik, als ein Medium nach Maßen des Seelischen begriffen. Offenbar scheint der ‚psychische Apparat‘ um 1900 zu einem diskursiven Kreuz- und Fluchtpunkt neuester theoretischer und ästhetischer Programme geworden. Um dieses Konzept in seiner ganzen Reichweite zu erfassen, soll das Seminar wissensgeschichtliche mit literatur- und filmhistorischen Perspektiven verschränken.
Hierzu geht es erstens von Freuds Konzeptionen des ‚psychischen Apparats‘ aus, die ihn im Sinne von Schreibwerkzeugen oder optischen Medien oder aber nach dem Muster von Schaltungstechniken oder Übertragungsmedien begreifen (ein Ansatz, den die strukturale Psychoanalyse Lacans und die ‚Schizo-Analyse‘ Deleuzes und Guattaris fortführen sollte). Zweitens sollen diverse medientheoretische, insbesondere filmtheoretische Positionen wie die Münsterbergs oder Baudrys thematisiert werden, die Freuds Konzept benachbart sind oder an dasselbe direkt anschließen. Drittens geht es um paranoische Patienten- oder Künstlergeschichten des 19. und 20. Jahrhunderts (von Krauß über Schreber bis hin zu Ademeit), deren phantasmatischer oder deliranter Fokus auf einem Seelenapparat liegt. Viertens wird sich das Seminar dem psychischen Apparat als einem poetologischen Modell widmen, das etwa bei Kafka, bei Doderer oder Burroughs sehr unterschiedliche Akzente erhalten kann. Und zu guter Letzt soll es die Karriere des Konzepts auf kinematographischem Terrain verfolgen: von den Steuerungsmodellen des frühen Sowjetfilms über die Zeit-Ästhetik der Nouvelle Vague bis hin zu den psychotechnischen Szenarien bei Cronenberg oder in der Science Fiction.

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Erwartet wird – neben der aktiven und regelmäßigen Teilnahme – die Mitwirkung in einer Expertengruppe, die den Stoff einer Sitzung aufbereitet und präsentiert; mindestens eine Respondenz zur Präsentation einer anderen Expertengruppe; nach Semesterende ein Exposé für eine Seminararbeit und (nach dessen einvernehmlicher Besprechung) eine Arbeit im Umfang von 25 Seiten, Abgabe bis 1. September 2022 in gedruckter und elektronischer Form.

Schriftliche Beiträge aller Lehrveranstaltungstypen der SPL 10 können einer automatischen Plagiatsprüfung unterzogen werden; dazu zählen insbesondere Arbeiten der Pro-, Bachelor- und Masterseminarstufe, aber auch Lehrveranstaltungsprüfungen (z.B. Vorlesungsprüfung) und Teilprüfungen (z.B. Zwischentest, 'Hausübungen').

 

Literatur

Nach Möglichkeit werden die Texte über Moodle bereitgestellt.

 

Prüfungsstoff

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltung

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen aus dem Angebot der SPL10 sind grundsätzlich anwesenheitspflichtig.

Umfang der Abschlussarbeiten: Seminararbeiten 25 Seiten Haupttext

Modul V Masterseminar mit Zusatzleistung aus dem Master Deutsche Philologie (12 ECTS): Für die Aufwertung des Seminars um 6 ECTS muss eine verpflichtende schriftliche Mehrleistung (10 Seiten Haupttext) erbracht werden, d.h. es muss eine Seminararbeit im Umfang von 35 Seiten Haupttext verfasst werden.

- im Seminar: aktive Teilnahme an den Sitzungen; sachlich pointiertes Impulsreferat mit kompetenter Diskussionsleitung; Respondenz zu einer Präsentation der anderen Expertengruppen
- Seminararbeit: originelle Themenwahl und klare Fragestellung; Erschließung des aktuellen Forschungsstands; Orthographie, sprachliche Form, Stil; Berücksichtigung wissenschaftlicher Konventionen; Methodenbewusstsein; theoretischer Hintergrund