NdL: Das literarische Porträt: Cross-Genre, Feature, Biopic, Moderne-Manifest?
Menschenbilder in der Gegenwartsprosa
100152 PS 2023S
Vortragende:
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
Ziele
Das literarische Porträt bildet ein bisher wenig erforschtes, jedoch gerade für beginnende Literaturrecherchen ein spannendes und relevantes Feld. Ziel des Proseminars ist ein praxisgeleiteter Einblick in Form und Zweck dieser Textform, die nicht nur „Profile“ des Alltags erstellt, sondern zugleich „Profilierungen“ erarbeitet, „Heldinnen“ und „Helden“ schafft – und somit die Vorder- und Hinterbühnen unseres täglichen Kommunikationsrahmens erweitert. Dabei geht es auch um die Erörterung anschließender theoretischer Felder zu „Maske“, „Täuschung“ und „Literarizität“. Wir diskutieren die teils paradoxen Wirkungsabsichten, die zwischen Demaskierung und Empathie oszillieren und lernen das feuilletonistische Personenporträt für die literaturwissenschaftliche Analyse und Recherche zu nutzen.
Die Studierenden lernen, Texte auszuwerten, Materialien zu bewerten und die sich in den einzelnen Porträts spiegelnden Erfahrungen einzuordnen und zu deuten (Epochenumbrüche, Autonomiebestrebungen, Selbstbefragung, Medienreflektion). Dabei koordinieren wir unsere gemeinsamen Erfahrungen aus Wissenschaft und Journalismus, um im Seminar als Lehrwerkstatt das literarische Porträt (inklusive Biopic, Feature, Landschaftsporträt, Multi-Media Story) einer Neubesichtigung zu unterziehen und es im Kontext gegenwärtiger Literatur einzuordnen und zu bewerten.
Inhalte
Das Personenporträt ist nicht erst seit Georg Stefan Trollers erzählten TV-Interviews ein zentraler Bestandteil von Feuilletons und Beilagen. An dem singulären Knotenpunkt subjektiver Textgattungen von Essay, Dokumentation, Reportage und Interview positioniert, zeigt sich das Porträt als hybrides Genre narrativer Formen. Bedeutet das Personenporträt im Feuilleton und in Beilagen die Rückkehr zu großen Textstrecken, so hat es im transmedialen Kontext als Biopic und Dokumentation zugleich einen fulminanten Einzug in unsere Medienlandschaft gefeiert. Es partizipiert offenbar an einer Aura des Geheimnisvollen und eröffnet einen scheinbar intimen Blick auf uns zumeist verschlossene Räume des Privaten. So erweitert es den Referenzraum der Literatur und führt über Grenzen, indem es Begriffe, Umstände und Nebenschauplätze der Literatur mit- und umformatiert. An diesen Nahtstellen wollen wir inhaltlich ansetzen und über das literarische Porträt Strategien der Orientierung im literarischen Feld vermitteln.
Inhaltlich spannen wir einen Bogen von den 1920er-Jahren bis in die Gegenwart. Wir fragen einerseits nach Personenporträts im Feuilleton (vgl. Haller 2013: 168ff.). Andererseits nehmen wir das Personenporträt vom Standpunkt des literarischen Porträtisten (der Porträtistin) in den Blick (siehe Fallada, Bachmann). Darüber hinaus interessieren uns aktuelle Tendenzen im Genre des literarischen Porträts sowie Grenzgänge (siehe Elias Hirschls „Salonfähig“ und Christian Krachts „Eurotrash“). Wir untersuchen insbesondere das Spannungsfeld von Demaskierung und Sympathiewerbung, gilt das Porträt doch als „emotionsorientiert, ja sogar als tendenziell voyeuristisch“ (Lorenz 2002: 119.). Dafür ziehen wir Überlegungen zum Thema der Authentizität und Wiederholung heran; weiters die Frage nach den Tendenzen zur Personalisierung von Sachthemen und ihrer Unterhaltungsfunktion. Dabei gilt unser besonderes Augenmerk zeithistorischen Geschlechterverhältnissen (etwa in Bezug auf stilbildende Sujets wie dem der „Neuen Frau“).
Methode
Die Studierenden lernen an Fallbeispielen wissenschaftsrelevante Textanalyse- und Recherchewerkzeuge kennen. Sie vertiefen ihre Analysekenntnisse und erweitern Basiskompetenzen kritischer Textrezeption. Zentral sind: gemeinsame Lektüre und Diskussion, fragegeleitetes Lernen, kooperatives u. explorierendes Studieren, angeleitetes, online gestütztes Selbststudium (Content Pool, asymmetrisches Lernen), Peer-to-Peer Feedback, kumulatives Lernen und Lesen, Wissenschaftspropädeutik. Das theoretische Wissen wird durch Praxisübungen vertieft. Gastvorträge ergänzen die LV.
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen aus dem Angebot der SPL10 sind grundsätzlich anwesenheitspflichtig.
Schriftliche Beiträge aller Lehrveranstaltungstypen der SPL 10 können einer automatischen Plagiatsprüfung unterzogen werden; dazu zählen insbesondere Arbeiten der Pro-, Bachelor- und Masterseminarstufe, aber auch Lehrveranstaltungsprüfungen (z.B. Vorlesungsprüfung) und Teilprüfungen (z.B. Zwischentest, 'Hausübungen').Umfang der Abschlussarbeiten: Proseminararbeiten 15 Seiten Haupttext
Literatur
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Prüfungsstoff
Die relevante Literatur für die Hausübungen wird auf Moodle zur Verfügung gestellt und/oder in den Lehrveranstaltungen angekündigt und verteilt (z.B. Handouts).
Seminararbeit: Die Studierenden verfassen eine wissenschaftliche Analyse zu einem in der LV behandelten literarischen Porträt. Dafür ordnen sie das Porträt sowohl im Hinblick auf Inhalt als auch auf seine Autorin/Autor in einen literarischen Diskurs ein. Dabei soll das im Seminar erworbene Wissen zur Problematik der Gattung wiedergegeben und die Relevanz des Textes vor dem zeitgenössischen Hintergrund beurteilt werden. Sie ordnen das Porträt in einen literaturwissenschaftlichen und gattungstheoretischen Kontext ein und wenden ihre bibliographischen Forschungskenntnisse an.
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
Mindestandforderungen:
Für einen positiven Abschluss müssen folgenden Teilleistungen positiv sein:1.) Anwesenheit, drei Einheiten können entschuldigt versäumt werden
2.) Teilnahme (40%): aktive mündliche und schriftliche Mitarbeit, Übernahme eines Impulsreferats/bzw. ExpertInnenrolle; Hausübungen.
3.) PS-Abschlussarbeit (60 %): Abgabe: 29.06.2023. Die Abschlussarbeit sollte bereits während des Semesters in Teilen erarbeitet werden und die Erkenntnisse zusammenfassen.Beurteilungsmaßstab:
Die Note setzt sich zu 60 % aus der Proseminararbeit, zu 20 % aus der aktiven Mitarbeit und zu 20 % aus dem Impulsreferat zusammen, wobei für einen positiven Abschluss jeder Teil mit mindestens 4 beurteilt werden muss.Ohne eine vorangegangene Kontaktaufnahme wird keine negative Note eingetragen. Feedbackmöglichkeit wird angeboten.
Abkürzungen: ÄdL: Ältere deutsche Sprache und Literatur – DaF/Z: Deutsch als Fremd- und Zweitsprache – FD: Fachdidaktik Deutsch – NdL: Neuere deutsche Literatur – SpraWi: Sprachwissenschaft