NdL: Schillers klassische Dramen
100106 PS 2023W
Vortragende:
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
„Das Werk lebt“! (F. Schiller in der Vorrede zu Don Karlos, 1785)
Schüler*innen lesen sie, nationale und internationale Theater spielen sie, wir alle zitieren sie (s. unten): Friedrich Schillers klassische Dramen gehören bis heute zu den bekanntesten ihrer Art. Das verdanken sie nicht nur ihrer im Wortsinn ‚vorbildhaften‘ Formstrenge, der rhetorischen Brillanz ihres Verfassers und dem tragischen Pathos, sondern auch der überzeitlichen Bedeutsamkeit der verhandelten, allgemein-menschlichen Fragestellungen: Welchen Wert hat Freundschaft? Welchen Ausweg gibt es aus ausweglosen Situationen? Sind Emotionen in Machtpositionen Schwäche? Ist Gewalt aus Notwehr gerechtfertigt? Wie funktioniert und welchen Preis hat individuelle/kollektive Freiheit? Und welche Rolle spielt die Kunst dabei?Aller Formstrenge zum Trotz ist Schillers dramatischer Stil vielfältig, selbst in den ‚klassischen‘ Dramen, die innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes entstanden. Das zeigt sich allein schon an den Gattungsbezeichnungen in den Untertiteln: Wir bewegen uns mit der Lektüre vom- „dramatischen Gedicht“ Don Karlos. Infant von Spanien (1787/1805) („Klassisch-Werden“): „Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!“- über zwei Texte mit einer starken weiblichen Protagonistin, das „Trauerspiel“ Maria Stuart (1800/1): „Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren.“
- und die „romantische Tragödie“ Die Jungfrau von Orleans (1801): „Mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens“
- hin zu einem seiner letzten Texte vor seinem frühen Tod, dem „Schauspiel“ Wilhelm Tell (1804): „Der Starke ist am mächtigsten allein“.Man muss es schließlich „wagen“, wie Schiller in einem Brief an seinen Dichterfreund Johann Wolfgang von Goethe am 26.7.1800 schreibt, „bei einem neuen Stoff die Form neu zu erfinden, und sich den Gattungsbegriff immer beweglich erhalten“!Im Zentrum des Seminars steht ein ‚close reading‘ der genannten Dramen. Angestrebt wird zudem eine gründliche theoretische und praktische Auseinandersetzung mit der Gattung Drama im Allgemeinen (Einführende Sitzung zur Dramenanalyse, Begrifflichkeiten etc.), mit Schillers Dramenbegriff im Besonderen. Deshalb werden ergänzend dazu kurze dramentheoretische und poetologische Texte von Friedrich Schiller gelesen, wobei auch das Verhältnis von theoretischer Darlegung und dichterischer Praxis reflektiert werden soll: Können die in poetologischen Schriften formulierten Gestaltungsvorgaben „einfach so“ im Zuge literaturwissenschaftlicher Deutung auf die literarischen Texte übertragen werden?
- Was kann eine gut stehende Schaubühne eigentlich wirken? (1784)
- Über die tragische Kunst (1792)
- Über das Erhabene (1801)Großer Wert wird auch auf die Einübung wissenschaftlicher Praxis gelegt, etwa im Rahmen einer Übung zum Thesenbilden. Ein Ziel ist die Erprobung und Einübung von Arbeitsschritten, die für das gesamte Studium wichtig sind, an konkreten Beispielen.Um Ihnen Ihre Semesterplanung zu erleichtern: Voraussichtlich lesen wir die Texte in folgenden Sitzungen (Bis zu diesen sollten Sie die Lektüre jeweils abgeschlossen haben - gerne können Sie damit auch früher beginnen):- 09.10.: Über die tragische Kunst
- 16.10.: Was kann eine gut stehende Schaubühne eigentlich wirken?
- 23.10.: Don Karlos (3 Sitzungen)
- 13.11.: Über das Erhabene
- 20.11.: Maria Stuart (2 Sitzungen)
- 04.12.: Die Jungfrau von Orleans (2 Sitzungen)
- 08.01.: Wilhelm Tell (2 Sitzungen)
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
Im Zentrum des Proseminars steht eine aktive Auseinandersetzung mit den Texten. Erwartet wird eine gründliche vor- und nachbereitende Lektüre. Ebenso Voraussetzung für das Bestehen ist eine Teilnahme an den Seminardiskussionen auch abseits der eigenen Präsentation. Die aktive Beteiligung im Seminar wird ebenso beurteilt wie die Gestaltung einer Sitzung als Expert*in (Details dazu in der LV, es wird versucht, Möglichkeiten jenseits "vorgelesener" Referate zu geben) und die schriftliche PS-Arbeit. Bis zur letzten Einheit sind (kurze) Grobkonzepte zu entwerfen. Diese werden in einem peer-review-Verfahren überarbeitet und gemeinsam diskutiert, um eine bestmögliche Vorbereitung auf die PS-Arbeit zu ermöglichen.
Kriterien: Eigenständigkeit in der Argumentation, angemessene Bezugnahme auf das Material, Stringenz, Einhaltung wissenschaftlicher Standards (Umgang mit Sekundärliteratur, formal angemessene Gestaltung, Sprache).
Literatur
Primärliteratur
Bitte besorgen Sie folgende Ausgaben:- Friedrich Schiller: Vom Pathetischen und Erhabenen. Schriften zur Dramentheorie. Hg. von Klaus L. Berghahn. Stuttgart 2009 (= Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 18673)
- Friedrich Schiller: Don Karlos. Infant von Spanien. Ein dramatisches Gedicht. Textausgabe mit editorischer Notiz. Stuttgart 1986 (= Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 38).
- Friedrich Schiller: Maria Stuart. Ein Trauerspiel. Mit Anmerkungen von Christian Grawe und einem entstehungsgeschichtlichen Anhang von Dietrich Bode. Stuttgart 2001 (= Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 64).
- Friedrich Schiller: Die Jungfrau von Orleans. Eine romantische Tragödie. Anmerkungen von Ulrich Karthaus. Stuttgart 1997/2019 (= Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 47).
Friedrich Schiller: Wilhelm Tell. Schauspiel. Anmerkungen von Josef Schmidt. Stuttgart 1969/2014 (= Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 12).Überblickswerke, Einführungen und weiteres (muss nicht gekauft werden)Historisch-kritische Schiller-Ausgabe (auch online zugänglich über u:search): Schillers Werke. Nationalausgabe. 1940 begründet von Julius Petersen. Fortgeführt von Lieselotte Blumenthal, Benno von Wiese, Siegfried Seidel, Hg. im Auftrag des Goethe- und Schiller-Archivs, des Schiller-Nationalmuseums und der Deutschen Akademie. Weimar 1940ff.-Peter-André Alt: Leben – Werk – Zeit. Eine Biographie. 2 Bände. München 2000.
- Dieter Borchmeyer: Weimarer Klassik. Portrait einer Epoche. Weinheim 1998.
- Helmut Koopmann (Hg.): Schiller-Handbuch. 2., durchg. u. aktual. Al. Stuttgart 2011.
- Matthias Luserke-Jaqui (Hg.): Schiller-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart 2005.
- Cornelia Zumbusch: Weimarer Klassik. Eine Einführung. Stuttgart 2019. (über u:search zugänglich)
- Rüdiger Zymner: Friedrich Schiller. Dramen. Berlin 2002.Weitere Literatur wird in der LV bekanntgegeben bzw. auf moodle zur Verfügung gestellt.
Prüfungsstoff
Zu erbringende Teilleistungen:
1. Anwesenheit (max. 2 Fehleinheiten).
2. aktive Teilnahme an der Lehrveranstaltung: genaue vor- und nachbereitende Lektüre der Pflichtliteratur, Beteiligung an den Diskussionen (20 Prozent).
3. Gestaltung einer Seminarsitzung, je nach Auslastung auch in Expert*innengruppen (20 Prozent).
4. PS-Arbeit mit 15 Seiten Haupttext (60 Prozent).
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen aus dem Angebot der SPL10 sind grundsätzlich anwesenheitspflichtig. Maximal zweimaliges Fehlen ist erlaubt. Eine konsequenzlose Abmeldung ist bei wöchentlichen Lehrveranstaltungen bis vor der dritten LV-Einheit möglich, bei 14-tägigen Lehrveranstaltungen und Blöcken bis vor dem zweiten Termin.
Schriftliche Beiträge aller Lehrveranstaltungstypen der SPL 10 können einer automatischen Plagiatsprüfung unterzogen werden; dazu zählen insbesondere Arbeiten der Pro-, Bachelor- und Masterseminarstufe, aber auch Lehrveranstaltungsprüfungen (z.B. Vorlesungsprüfung) und Teilprüfungen (z.B. Zwischentest, 'Hausübungen').Umfang der Abschlussarbeiten: Proseminararbeiten 15 Seiten Haupttext
Abkürzungen: ÄdL: Ältere deutsche Sprache und Literatur – DaF/Z: Deutsch als Fremd- und Zweitsprache – FD: Fachdidaktik Deutsch – NdL: Neuere deutsche Literatur – SpraWi: Sprachwissenschaft