Vorlesungs­verzeichnis

NdL: "Es ist alles eitel." Die Vanitas-Rhetorik vom Barock bis heute

100097 SE-B 2023S

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Vortragende:

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Der Verweis auf die Vergänglichkeit des Irdischen hat besonders in der Gesellschaft und Kunst des 21. Jahrhunderts wieder an Bedeutung gewonnen und wird seit der Jahrtausendwende in zahlreichen Ausstellungen, Konferenzen und Anthologien reflektiert. Die Betonung der Nichtigkeit des Daseins ist jedoch nicht nur ein sich kultur- und kunstgeschichtlich wiederholendes Phänomen, welches mittels einer Funktionalisierung von Rhetorik bzw. der bekanntesten „Vanitas-Topoi“ immer wieder banalisiert wird, sondern vor allem Ausdruck selbstreflexiver Erkenntnis. Sprachlich ist diese seit dem alttestamentalischen Buch Kohelet insbesondere durch die rhetorische Figur der Wiederholung strukturiert, die inversive sowie performativ widersprüchliche Denkfiguren ermöglicht.
In Bezug auf die jeweilige Primärliteratur werden wir im Seminar danach fragen, ob „sich“ mittels dieser Denkfiguren in und seit der Literatur des Barock einem Fortschrittsnarrativ und Machbarkeitsanspruch (bspw. desjenigen nach einer „produktiven“ Erinnerung) entzogen werden kann. Inwiefern stört der Rekurs auf „Vergängnis“ und „Vergehen“ einen linearen Erzählgang oder wird diesen vielmehr – um im Futur II der Vanitas-Rhetorik zu sprechen – immer schon gestört haben? Kann diese Störung zur vollkommenen Bewegungslosigkeit der erzählenden und dramatischen Instanzen sowie lyrischen Subjekte führen? Wie unbewegt kann eine Stimme in (und von) ihrem Erzählgang werden, wie still ein literarisches Stillleben sein? Oder ist es gerade diese durch Lesen hörbare Stille, die einem über seine Vergänglichkeit klagenden Subjekt nicht nur einen Raum für Alter und Trauer eröffnet, sondern auch zu einer „Poetik der Beständigkeit“ (Szondi) verhilft? Wenn durch die „Antizipation des Todes“ in der zu behandelnden Literatur eine „unheimliche Koexistenz“ (Benthien 2011) von Gegenwart und Zukunft hergestellt wird, lässt sich dann Vanitas als performatives Vorhaben erfassen, welches wiederholt und beständig die Grenzen des Sag- und Zeigbaren subvertiert?

Um diese und weitere Fragen an der Primärliteratur zu untersuchen, werden im Seminar ergänzend theoretische Texte gelesen und diskutiert, die sich dem Thema philosophisch, psychologisch und literaturtheoretisch annähern. (in Auszügen: Nietzsche, Kierkegaard, Bergson, Freud, Bachtin, Benjamin, Heidegger, Arendt, Camus, Szondi, Genette, Blumenberg, Derrida, Nancy, Lyotard, Deleuze, Marquard u.a.)

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen aus dem Angebot der SPL10 sind grundsätzlich anwesenheitspflichtig.

- regelmäßige Anwesenheit (nicht mehr als dreimaliges unentschuldigtes Fehlen), Teilnahme an den Diskussionen; Lektüre-Protokolle, Reflexionen
- Schriftliches Exposé (der BA-Arbeit)
- Präsentation der geplanten Arbeit (inkl. Handouts)
- Bachelorarbeit im Umfang von mindestens 30 Seiten Haupttext

Schriftliche Beiträge aller Lehrveranstaltungstypen der SPL 10 können einer automatischen Plagiatsprüfung unterzogen werden; dazu zählen insbesondere Arbeiten der Pro-, Bachelor- und Masterseminarstufe, aber auch Lehrveranstaltungsprüfungen (z.B. Vorlesungsprüfung) und Teilprüfungen (z.B. Zwischentest, 'Hausübungen').

Umfang der Abschlussarbeiten: Bachelorarbeiten 30 Seiten Haupttext

 

Literatur

Eine Liste der Primärtexte wird zu Beginn des Seminars ausgegeben. Die grundlegenden theoretischen Texte werden über Moodle bereitgestellt.

Zur Einführung:

Benthien, Claudia und Victoria von Flemming (Hg.): Vanitas. Reflexionen über Vergänglichkeit in Literatur, bildender Kunst und theoretischen Diskursen der Gegenwart. Berlin/Boston: De Gruyter 2018. (Paragrana. Internationale Zeitschrift für historische Anthropologie Bd. 27.2 (2018)).

Benthien, Claudia, Antje Schmidt und Christian Wobbeler (Hg.): Vanitas und Gesellschaft. Berlin/Boston: De Gruyter 2021.

von Flemming, Victoria und Julia Catherine Berger (Hg.): Vanitas als Wiederholung. Unter Mitarbeit von Cara Lugauer. Berlin/Boston: De Gruyter 2022.

Hubmann, Philipp und Till Julian Huss (Hg.): Simultaneität. Modelle der Gleichzeitigkeit in den Wissenschaften und Künsten. Bielefeld: transcript 2013.

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Lektüre der Primär- und Sekundärliteratur; Mitarbeit in den Sitzungen; Exposé und Präsentation der geplanten BA-Arbeit; Schriftliche Abschlussarbeit (30 Seiten Haupttext)
Grundlage der Beurteilung sind mündliche sowie schriftliche Leistungen. Mitarbeit, Exposé sowie Präsentation des BA-Abschlussprojekts umfassen dabei 30 Prozent, die schriftliche Abschlussarbeit 70 Prozent.

Schriftliche Beiträge aller Lehrveranstaltungstypen der SPL 10 können einer automatischen Plagiatsprüfung unterzogen werden; dazu zählen insbesondere Arbeiten der Pro-, Bachelor- und Masterseminarstufe, aber auch Lehrveranstaltungsprüfungen (z.B. Vorlesungsprüfung) und Teilprüfungen (z.B. Zwischentest, 'Hausübungen').