ÄdL: Ideal - Real. Die Innenspannung der (nicht nur höfischen) Literatur des Mittelalters
100008 VO 2024W
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Nächster Termin
Dienstag, 01.10.2024 15:00-16:30 Hörsaal 31 Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 9
Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung
Die mittelalterliche Literatur erinnert besonders aus heutiger Perspektive und auf den ersten Blick an Märchen oder an Fantasycomputerspiele. Da sind (fast) alle Helden tapfer, da sind (fast) alle Damen die schönsten, und das überragend tragische Ende oder das Happy End sind garantiert – für jeden Geschmack scheint diese Idealwelt etwas zu bieten. Doch erzeugt das Erzählen solcher Ideale auch Probleme; eines davon ist die Langeweile, die Perfektion auslöst. Der Eindruck trügt – zum einen, weil viele der verhandelten Probleme erst aufgedeckt werden müssen, zum anderen, weil sich im Laufe des 13. Jahrhunderts immer stärker ‚Realitätseffekte‘ in der Literatur finden. Da gibt es im ‚Iwein‘ nicht nur mythisch anmutende Waldmenschen (oder ist es einfach ein Bauer?), sondern auch Menschen, die den Wald urbar machen. Da hat ein Held auf einmal infernalischen Hunger, nachdem er tagelang unterwegs war – oder muss Geld verdienen, um sich das Ritterleben weiter leisten zu können. Oder man erfährt en passant, wie man eigentlich auf ein Pferd aufgestiegen ist. Und wie real sind eigentlich die gehäuft auftretenden Kaufleute? Auch das sich erweiternde Gattungsspektrum trägt dazu bei, der idealen Welt der Literatur neue Aspekte hinzuzufügen.
In der Vorlesung soll der Spannung von Erzählen, das Ideale konstruiert, und Erzählen, das sich mehr und mehr einer schwierigen Realität (ist Realität nicht immer schwierig?) verpflichtet, an ausgewählten Beispielen aus der Literatur von ca. 1180-1320 nachgegangen werden. Im Zentrum stehen exemplarische Analysen ausgewählter Werke der Erzählliteratur, aber auch einzelner Episoden. Ich gehe dabei gemischt chronologisch und systematisch vor. Die Vorlesung will zur genauen Lektüre ebenso anregen wie auch Fragen nach der ‚Welthaltigkeit‘ von Literatur stellen. Es soll auch genügend Raum zur Diskussion und zu Nachfragen geben – dies gelingt am besten, wenn einige der Primärtexte vorlesungsbegleitend gelesen werden.
Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel
Klausur (mit erstens: konkreten, kurz, ggf. stichwortartig zu beantwortenden Fragen und zweitens: einem Essay, bei dem auch die sprachliche Richtigkeit im Neuhochdeutschen in die Bewertung einfließt).
Schriftliche Beiträge aller Lehrveranstaltungstypen der SPL 10 können einer automatischen Plagiatsprüfung unterzogen werden; dazu zählen insbesondere Arbeiten der Pro-, Bachelor- und Masterseminarstufe, aber auch Lehrveranstaltungsprüfungen (z.B. Vorlesungsprüfung) und Teilprüfungen (z.B. Zwischentest, 'Hausübungen').
Prüfungsstoff
Die genaue Kenntnis mindestens eines größeren Primärtextes wird erwartet. Genauere Angaben zu den vorausgesetzten Primärtexten folgen in der Vorlesung.
Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab
Die in der Vorlesung vermittelten Kenntnisse und Inhalte, angemessene Kenntnis der behandelten Primärtexte. Zum erfolgreichen Bestehen der Klausur ist sowohl im ersten wie im zweiten Aufgabenkomplex mindestens ein ‚genügend‘ (=50% der möglichen Punkte) erforderlich.
Abkürzungen: ÄdL: Ältere deutsche Sprache und Literatur – DaF/Z: Deutsch als Fremd- und Zweitsprache – FD: Fachdidaktik Deutsch – NdL: Neuere deutsche Literatur – SpraWi: Sprachwissenschaft