Vorlesungs­verzeichnis

Seminar - Das Spiel mit/in Geschichte (in Kooperation mit dem GameLab)

070155 SE 2022S

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Vortragende der Germanistik:

Ziele, Inhalte und Methode der Lehrveranstaltung

Geschichtsbewusstseins und Geschichtskultur bilden die Schlüsselbegriffe der aktuellen fachdidaktischen Diskussion. Geschichtskultur zielt auf die Präsenz von Geschichte in der Öffentlichkeit ab, ist mit der Ausformung von individuellem Geschichtsbewusstsein eng verbunden und steht mit der Lebenspraxis in Zusammenhang. Denkmäler, Museen und Schulen, aber eben auch ‚triviale‘ und populäre Formen wie Spielfilme, Computerspiele und Comics können geschichtskulturelle Medien sein. Für die Mehrzahl an Menschen sind hierbei nicht akademische Formen von Geschichte prägend, sondern vor allem jene popkulturellen Formen, die heute durch die Public History beforscht werden. Zu ihnen gehören auch das digitale und das analoge Spiel.
Analoge und vor allem digitale Spiele lassen sich gegenwärtig als eine der einflussreichsten Formen der Public History bezeichnen. Mittlerweile spielen 42 Prozent aller Deutschen, beinahe gleichviele Frauen wie Männer, zumindest gelegentlich Computerspiele. Am häufigsten wird in der Gruppe der Zehn- bis 15-Jährigen gespielt. Erstaunlich viele Spiele beschäftigen sich mit Geschichte. Angesichts dieser Zahlen und des raschen Wandels des Medienkonsumverhaltens von Jugendlichen sind es vermutlich nicht mehr filmische Dokumentation oder Museen, die das Geschichtsbild der Jugendlichen prägen, sondern eben vielfach digitale Spiele.
Diametral zur Beliebtheit des digitalen Spiels steht es um seine Verwendung im didaktischen Kontext – von der Fachdidaktik wird es bislang weitgehend ignoriert. Dabei sind die Vorteile von Game-based Learning mittlerweile gut dokumentiert, die Lernerfolge vielfach nachgewiesen: Digitale Spiele motivieren intrinsisch, führen automatisch zu einem ausprobierenden, forschend-entdeckenden Lernen und stellen eine der wenigen Möglichkeiten dar, Geschichte und Politik als handelnde Person zu ‚erleben‘. Die Game Culture, also die Verwendung von Spielen immanent als auch extern (alle Formen von spielexternen Referenzen etwa in YouTube-Walkthroughs, Cosplay, Fanfiction), macht das digitale und das analoge Spiel zu einem insbesondere für Schüler*innen vielgenutzten geschichtskulturellen Begegnungsraum.
Der Kurs führt zunächst in die Begriffe der Geschichtskultur, des Geschichtsbewusstseins und der Public History ein und erläutert Grundkonzepte und -begriffe einer aktuellen kompetenzorientierten Fachdidaktik. Darauf aufbauend stellt er Mittel und Wege vor, die zunächst abstrakt und theoretisch anmutenden Konzepte in der schulischen Praxis umzusetzen. Im Zentrum stehen digitale und analoge Spiele und die mit ihnen verbundene Game Culture sowie das Konzept des Game-based Learnings. Studierende erarbeiten Einheiten mit und über Spiele, die sowohl eine geschichtskulturelle Reflexion als auch eine schulische Umsetzung möglich machen. Inhaltlich wird es um Darstellungsformen im Zusammenhang mit dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, um die Flüchtlingskrise 2015, um alternative Formen von Konfliktdarstellungen und um Geschichtsrevisionismus im Kontext von digitalen Spielen gehen. Die Spiele werden nicht nur theoretisch behandelt, sie werden in den Einheiten aktiv gespielt. Hierzu steht die Brettspielsammlung der Fachdidaktik und das GameLab mit 15 switch-Konsolen zur Verfügung. Der Kurs will erfahrbar machen, welchen Erfahrungs- und Reflexionsraum Spiele für die Geschichtskultur eröffnen und damit prägend für das Geschichtsbewusstsein sind. Darüber hinaus will er die digitalen Kompetenz der Studierenden erweitern.

 

Art der Leistungskontrolle und erlaubte Hilfsmittel

Mündliches Referat mit praktischem Spielbezug und schriftliche Arbeit (ca. 15 Seiten).

 

Literatur

Booth, Paul (2020): Board games as media. First edition. London England, London, England: Bloomsbury Academic; Bloomsbury Publishing.
Chapman, Adam (2016): Digital Games as History. How videogames represent the past and offer access to historical practice. First issued in paperback. New York, London: Routledge, Taylor & Francis Group (Routledge advances in game studies, 7).
Kühberger, Christoph (Hg.) (2021): Mit Geschichte spielen. Bielefeld: Transcript.
Preisinger, Alexander (2022): Digitale Spiele in der historisch-politischen Bildung. Unter Mitarbeit von Florian Aumayr. Frankfurt/M.: Wochenschau (Wochenschau Geschichte).
Schädler, Ulrich; Strouhal, Ernst (Hg.) (2010): Spiel und Bürgerlichkeit. Passagen des Spiels I. Wien: Springer (Edition Angewandte, 1).
Fuchs, Mathias; Strouhal, Ernst (Hg.) (2010): Das Spiel und seine Grenzen. Wien: Springer (Edition Angewandte, 2). Online verfügbar unter http://fox.leuphana.de/portal/de/publications/das-spiel-und-seine-grenzen(12dcb4a3-c47e-4ea4-a326-99ec0d12b8f9).html.
Strouhal, Ernst (Hg.) (2016): Agon und Ares. Der Krieg und die Spiele. Agon und Ares. Der Krieg und die Spiele; Campus Verlag; Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften; Universität für Künstlerische und Industrielle Gestaltung Linz; Universität für Angewandte Kunst Wien; Symposium. Agon und Ares. Frankfurt, New York: Campus Verlag (Schauplätze der Evidenz, Band 3).

 

Prüfungsstoff

Zentrale Inhalte der Public History, der historischen Spielzeug- und Spielforschung, zu den historischen Game Studies und zu game based-learning werden im Kurs vorgestellt und erarbeitet.

 

Mindestanforderungen und Beurteilungsmaßstab

Zweimaliges entschuldigtes Fehlen ist erlaubt. Die Anwesenheit beim ersten Kurstermin ist unerlässlich. Der Kurs soll von allen TeilnehmerInnen zeitlich vollständig wahrgenommen werden können. Die durchgeführte Präsentation, die im Kurs erforderlichen Abgaben und das Portfolio werden anhand eines Erwartungshorizonts bewertet, der zu Kursbeginn ausgeteilt wird.