Literacy-Erwerb im Kontext von Mehrsprachigkeit bei erwachsenen Teilnehmenden in Alphabetisierungskursen

Gastvortrag von Christine Czinglar
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland

Datum: 16.12.2024
Uhrzeit: 09:45-11:15 Uhr
Ort: Seminarraum 1, Hauptgebäude, Tiefparterre, Stiege 9, Hof 3
Organisation: Univ.-Prof. Dr. Karen Schramm

Trotz hoher Teilnahmezahlen an DaZ-Alphabetisierungskursen ist nur wenig über den Schriftspracherwerb von erwachsenen Migrant:innen bekannt. Es fehlen großangelegte Studien, sowie forschungsbasierte Diagnose- und Bewertungsinstrumente, die die Grundlage für pädagogische Interventionen darstellen. Ausgehend von Ergebnissen des aktuellen Forschungsprojekts ELIKASA (Czinglar et al. 2022) werde ich einige Herausforderungen im zweitsprachlichen Literacy-Erwerb bei dieser vulnerablen Zielgruppe näher beleuchten. Die Lernendengruppe zeichnet sich durch eine hohe Heterogenität aus. Im Projekt ELIKASA wurden über 100 Teilnehmende in kontrastiven Alphabetisierungskursen des KASA-Projekts (https://kasa.giz.berlin/) untersucht, in denen bilinguale Lehrkräfte unter Rückgriff auf eine geteilte Herkunftssprache (Arabisch, Türkisch oder Farsi-Dari) Deutsch vermittelten. Lernende stehen vor der Herausforderung, sich sowohl technische als auch funktionale Literacy-Kompetenzen in der Zweitsprache (L2) anzueignen (Schramm 2022), wobei auf den Erwerbsprozess viele Einflussfaktoren wirken, wie z.B. der Grad an mündlichen Kenntnissen der L2 Deutsch, die Schulbildung, das Alter, sowie erstsprachliche (L1) Kompetenzen (Lemke-Ghafir et al. 2021). Anhand ausgewählter Ergebnisse gehe ich auf die Entwicklung technischer Literacy-Kompetenzen ein.

Christine Czinglar: Studium der Allgemeinen Sprachwissenschaft an der Universität Wien; 2004-2009 OeAD-Lektorat in Ungarn; 2013 Promotion mit einer Arbeit zum Einfluss des Alters auf den Erwerb der Verbstellung im Deutschen als Zweitsprache; 2012-2014 Key Researcher im WWTF-Projekt INPUT zum Input von drei- bis vierjährigen Kindern in der Familie und im Kindergarten in Wien; 2014-2018 Juniorprofessur DaFZ mit SP DaZ Universität Kassel; seit 2019 Professur DaF/DaZ Friedrich-Schiller-Universität Jena. Aktuelle Forschungsschwerpunkte: Zweitspracherwerb, Mehrsprachigkeit, individuelle Differenzen unter Einbezug von Einflussfaktoren wie Alter, Input, literale Kompetenzen; Schriftspracherwerb gering literalisierter Erwachsener in Alphabetisierungskursen. E-Mail: christine.czinglar@uni-jena.de

Literatur

Christine, Yulia Edeleva, Gina Do Manh, Franziska Förster, Zeynep Arslan, Yousuf Aboamer, Feroz Nuranfar & Parivash Mashhadi (2022): ELIKASA – ein mehrsprachig ausgerichtetes Forschungsprojekt zur Entwicklung basaler Literalität von erwachsenen DaZ-Lernenden in Alphabetisierungskursen. In Zeynep Kalkavan-Aydın (Hrsg.): Schriftspracherwerb und Schriftvermittlung bei Mehrsprachigkeit. Münster, New York: Waxmann, 157-180.

Förster, Franziska, Yousuf Aboamer & Christine Czinglar (2023): Literale Alltagspraktiken erwachsener arabischsprachiger Migrant*innen im Kontext zweitsprachlicher Alphabetisierung. In Jochen Balzer, Michael Schmid, Zeynep Kalkavan-Aydın & Stefan Jeuk (Hrsg.): Workshop Deutsch als Zweitsprache, Migration und Mehrsprachigkeit. Jahresschrift Bd. 16. Berlin: Humboldt-Universität zu Berlin (daz-portal), 143-161. Online: https://edoc.hu-berlin.de/handle/18452/26626.

Lemke-Ghafir, Cosima, Miguel Rezzani, Christoph Schroeder & Dorotheé Steinbock (2021): Erste Schrift und zweite Sprache. Migrant_innen ohne oder mit geringer formaler Bildung in Alphabetisierungskursen. IMIS Working Paper 11, Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück. Osnabrück: IMIS.

Schramm, Karen (2022): Didaktisch-methodische Themenfelder der DaZ-Alphabetisierung. In Britta Marschke (Hrsg.): Handbuch der kontrastiven Alphabetisierung. Berlin: Erich-Schmidt-Verlag, 25-38.

Schramm, Karen (2021): Zur Entwicklung supranationaler Deskriptoren für die zweitsprachliche Alphabetisierung – das LASLLIAM-Projekt des Europarats. Informationen Deutsch als Fremdsprache 48 (6): 571-581.